Nächster Akt im S21-Drama: Das Finanzierungsdebakel

(hier die Pressemitteilung als pdf-Datei)

Bahn klagt gegen Projektpartner auf Kostenbeteiligung in Milliardenhöhe
Nächster Akt im S21-Drama: Das Finanzierungsdebakel

Als wäre mit Stuttgart 21 im Bahnverkehr nicht schon genug Unheil angerichtet, folgt jetzt das Chaos auf juristischer Ebene in Form eines jahrelangen Mammutprozesses. Es geht um die bis jetzt schon entstandenen und nicht gedeckten Kostenüberschreitungen von 4,6 Mrd. € und alle weiteren unweigerlich folgenden Kosten des Projekts. Schon der erste Verhandlungstag beim Verwaltungsgericht Stuttgart zu den vier Klagen der Bahn gegen ihre S21-Projektpartner hat einmal mehr die kollektive Verantwortungslosigkeit der Beteiligten gezeigt. Es fehlt jeglicher Wille zu einer einvernehmlichen Lösung. Die hoch verschuldete Bahn baut auf eigenes Risiko, die Projektpartner Land, Stadt Stuttgart, Verband Region Stuttgart und Flughafen GmbH haben alles mitgemacht, wollen sich jetzt aber mit der Ansage „Mir gäbbet nix“ aus der Verantwortung stehlen. „Die Streitparteien verlieren sich in juristischen Spiegelfechtereien und agieren genauso chaotisch wie beim Projekt selbst. Ein Weiterbau ohne gesicherte Finanzierung gleicht politischem und haushalterischem Harakiri,“ so Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21.

Es kann nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sein, wenn sich hoch bezahlte Rechtsanwälte mit immer neuen Ideen (derzeit geht es um 76 Klageanträge, eine Erhöhung auf 102 Anträge ist angekündigt) auf Kosten der Allgemeinheit Prozessschlachten liefern. Denn egal wie eine erst nach Jahren oder Jahrzehnten zu erwartende gerichtliche Entscheidung aussieht, das finanzielle Debakel ist entweder von Steuerzahlenden oder Bahn- sowie Flugreisenden auszubaden. Besser als in einem Klageantrag der Bahn lässt sich die Absurdität des Rechtsstreits nicht darstellen. Denn dort wird eine Verteilung der Mehrkosten „nach billigem Ermessen“ gefordert, wohl wissend, dass selbst das billigste Ermessen unermesslich teuer werden wird.

Nun rächt sich, dass dieses Projekt nicht etwa zur Verbesserung des Schienenverkehrs, sondern in erster Linie zur Verwirklichung von Immobilien- und Bauspekulationen auf den freiwerdenden Flächen erfunden wurde. Dies zeigt sich schon in der Finanzierungsvereinbarung, wonach bei einer Überschreitung der 2009 angenommenen Baukosten der Risikotopf von Land, Stadt und Flughafen zu zwei Dritteln und von der Bahn lediglich zu einem Drittel gefüllt werden sollte. Daraus kann unschwer abgelesen werden, dass diesen Projektpartnern der Bau selbst zu stark steigenden Kosten wichtiger erschien als der Bahn.

Insbesondere fällt auf, dass sowohl in der Finanzierungsvereinbarung als auch in den Klagen der Bahn der Stuttgarter Flughafen in besonders hohem Maß finanziell beteiligt wird. Folge der Klage – aber schon des unsinnigen Projekts selbst – ist insbesondere, dass die Landeshauptstadt in die Nähe des finanziellen Ruins gerät. Zu Recht hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Forderung, die Stadt an allen weiteren Kostensteigerungen ohne Obergrenze zu beteiligen, gegen die Gemeindeordnung verstößt und die Landeshauptstadt hier ein Projekt mitfinanziert, welches nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehört.

Zudem ist absehbar, dass wegen der massiven Beeinträchtigung des Stadtklimas in Zeiten fortschreitender Erderhitzung die geplante Rosensteinbebauung scheitern wird. Auch neue kostenträchtige Ergänzungsprojekte („Stuttgart21 II“) werden nur zu weiteren Kostensteigerungen führen, aber nichts daran ändern, dass dem Tiefbahnhof die nötige Leistungsfähigkeit fehlt, ein Integraler Taktfahrplan verhindert wird und mit mangelhaftem Brandschutz Leben und Gesundheit der Reisenden aufs Spiel gesetzt werden.

Investoren steigen aus unwirtschaftlich gewordenen Projekten aus, wie jetzt die EnBW bei der Bebauung des Stöckach-Areals. Nur weil es nicht um eigenes Geld geht, wird Stuttgart21 weitergebaut, koste es was es wolle, so Reicherter. Vor allem die Landeshauptstadt, der Belastungen in Milliardenhöhe drohen, hat jetzt allen Grund, die schon immer bestehende Möglichkeit der Kündigung des Finanzierungsvertrags zu prüfen und ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden. Juristisch denkbar ist auch eine Verständigung zur gemeinsamen Vertragsaufhebung.

Im Blick auf das vom Aktionsbündnis vorgelegte Umstiegskonzept gilt abgewandelt die alte Lebensweisheit „Lieber ein Ende ohne Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“.

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930522 oder 0151 263 711 31
(insbesondere zu weiteren juristischen Einschätzungen),

Werner Sauerborn 0171 320 98 01

PM Systematische Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit bei Stuttgart 21

(hier als pdf-Datei)

Interne Dokumente belegen:
Systematische Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit bei Stuttgart 21

Mit hochmanipulativen, teils rechtswidrigen Praktiken und massiver Desinformation im Zusammenhang mit der „Geißler-Schlichtung“ und dem Untersuchungsausschuss 2010 zum Schwarzen Donnerstag hat die damalige Mappus-Regierung den Grundstein für die politische Durchsetzung von Stuttgart 21 gelegt. Das belegen Akten, die der Vorsitzende Richter am Landgericht a.D. und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Dieter Reicherter, nach fast zehnjährigem Rechtsstreit jetzt einsehen konnte. Die nachfolgenden Regierungen Kretschmann I und II haben die jetzt offen gelegten Belege so lange geheim gehalten bis keine (strafrechtlichen) Konsequenzen mehr zu befürchten waren.

Das sogenannte Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler wurde der Öffentlichkeit als objektiver Faktencheck verkauft. Es ging jedoch nicht um Wahrheitsfindung, sondern, wie eine vertrauliche Notiz des Staatsministeriums vom 10. Nov. 2020 (Anlage) zeigt, um die „Lebensversicherung“ der Landesregierung: „Wir wollen und brauchen den Erfolg der Schlichtung“. Deswegen sollte ein Schlichterspruch Geißlers vorab vertraulich abgestimmt werden. „Besonders perfide war dabei der Plan, die Beseitigung von intern längst bekannten Mängeln des Projekts nach der Schlichtung als Kompromisse darzustellen und den Projektgegnern die nicht finanzierten Kostensteigerungen anzulasten“, so Reicherter.

Die Inszenierung Geißlers als Friedensrichter und die jetzt bekannt gewordenen manipulativen Einflussnahmen auf seinen „Schlichterspruch“ sind charakteristisch für Stuttgart 21. „Ohne Lügen und Täuschungen kann ein derart widersprüchliches und klimaschädigendes Projekt eben nicht durchgesetzt werden. Aber Lügen haben halt doch kurze Beine“, so Reicherter.

Auch für den Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Polizeieinsatzes vom 30.9.2010 im Stuttgarter Schlossgarten wurden vom Staatsministerium regelrechte „Drehbücher“ verfasst, um eine mögliche Einmischung von Mappus in den Polizeieinsatz zu vertuschen. Spitzenbeamte des Staatsministeriums hatten auf vielen Seiten bis ins Kleinste vorgeschrieben, was Mappus und sein Staatssekretär Hubert Wicker aussagen sollten, damit es zu den Aussagen anderer Zeugen passte. Auch was Polizeipräsident Stumpf als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zweckmäßigerweise aussagen sollte, wurde präzise niedergelegt – und Stumpf hielt sich daran.

Durch das zähe juristische David-gegen-Goliath-Ringen gegen das Land BW über alle Instanzen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg konnte erst jetzt das Staatsministerium gezwungen werden, Dokumente offen zu legen, die die Vorgängerregierung und somit den jetzigen Koalitionspartner schwer belasten.

„Hollywood im Staatsministerium, Drehbuch für Lügenmärchen von Mappus entdeckt“ so ist der Beitrag von Bündnissprecher Dieter Reicherter auf der 624. Montagsdemo am 15. August 2022 ab 18 Uhr auf dem Schlossplatz Stuttgart überschrieben.

Anlage: Dreiseitiger vertraulicher Vermerk des Staatsministeriums vom 10.11.2010

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930 522 / 0151 263 711 31
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

Zwangshaft für PSU-Vorstand?

Zwangshaft gegen PSU-Vorstand Olaf Drescher persönlich oder erstmal 10 000 € Zwangsgeld gegen die PSU. Nur das ist noch die Frage im Verfahren gegen ihn, weil die PSU sich seit Jahren trotz eines mit ihr geschlossenen gerichtlichen Vergleichs weigert, Entfluchtungssimulationen zu S21 rauszurücken. Es besteht der Verdacht, dass die Simulationen entweder manipuliert oder gar nicht existent sein dürften. Der Beschlusstext des VG Stuttgart zeigt: Die Schlinge zieht sich zu. Der Beschluss („kein Zwangsgeld“) war allenfalls ein Pyrrhussieg für die #S21-Betreiber. Sofortige Beschwerde beim VGH Mannheim folgt in den nächsten Tagen.

Hier der Gerichtsbeschluss im Original.

Kein Brandschutz: 6 Monate Zwangshaft für PSU-Geschäftsführer Drescher bei VG Stuttgart beantragt

Liebe Freund*innen,

jahrelang hat die Bahn, bzw. die PSU alle Beteiligten belogen und betrogen, indem sie behauptete, den Brandschutz in Tiefbahnhof und Tunnelspinne zu beherrschen und in der Lage zu sein, Tausende Reisende im Brandfall innerhalb von 15 Minuten retten zu können. Betrogen wurden Regierungspräsidium, EBA, Feuerwehr, Gerichte, Politiker*innen, Medien, die Öffentlichkeit. Sie alle haben sich zumeist gern belügen lassen und haben sich mit den bloßen Behauptungen der S21-Macher abspeisen lassen, man habe alles im Griff. Der Brandschutz sei gwährleistet.

Nicht so die Ingenieure22. In einer für die S21-Bewegung typischen Hartnäckigkeit haben sie nachgefragt, mit Hilfe von Dieter Reicherter bzw. dem Aktionsbündnis dann auch auf der rechtlichen Schiene Akteneinsicht gefordert. Es begann ein dreijähriges Tauziehen, in dem die Bahn, auch typisch, alle Register der Verschleierung. Irreführung und Verzögerung zog (ausfühlich dazu: Taeuschung-durch-PSU-11.2.2021.pdf (kopfbahnhof-21.de) – bis es uns zu bunt wurde und ein Antrag auf Zwangshaft bis zu sechs Monaten gegen Olaf Drescher, den geschäftsführenden Vorsitzenden der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) beim Verwaltungsgericht Stuttgart gestellt wurde.

Gestern hat Dieter Reicherter kenntnisreich, ironisch und angriffslustig auf der 597. Montagsdemo darüber berichtet:
Die 597. Montagsdemo gegen Stuttgart 21 am 24.1.2022 | Bei Abriss Aufstand (bei-abriss-aufstand.de).

Heute haben Aktionsbündnis und Ingenieure dazu bundesweit eine Pressemitteilung verbreitet. Die Hoffnung ist, dass allmählich die vielen Weggucker aufwachen, die meinen, der Käs sei gegessen oder angesichts des Baufortschritts sei alles zu spät. Die Hoffnung ist weiter, dass die Drohung, der erste Mann der PSU könne in den Knast wandern, die Verantwortlichen doch motiviert, zuzugeben, dass sie entweder gar keine Simulation der Entrauchungs haben, oder eben eine, die überhaupt nicht funktioniert. Beides kann Stuttgart21 gehörig ins Wanken bringen.

In diesem Sinne Gruß von Werner!

Nachtrag: Bei der  598. MoDemo am am 31.1.2022 (auf  https://www.parkschuetzer.de/videos/) geht es voraussichtlich schwerpunktmäßig um Personelles beim Aktionsbündnis (evtl. noch Terminänderung!)