PM: Zehn Jahre Parkräumung und -zerstörung

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Zehn verlorene Jahre für Klimaschutz, leistungsfähigen Bahnverkehr und sozialen Wohnungsbau

Mit einer Mischung aus Trauer und Empörung blickt die Bewegung gegen Stuttgart 21 zurück auf die Räumung des Stuttgarter Schlossgartens am 15.2.2012 und die dauerhafte Zerstörung eines Ortes der Erholung für die Menschen und einer Insel für Flora und Fauna mitten in der Stadt. Die Folgen für Umwelt und Klima markierten nach dem Polizeieinsatz vom 30.9.2010 einen weiteren Tiefpunkt an Unverhältnismäßigkeit und Rechtswidrigkeit. Am Schwarzen Donnerstag hatte die Regierung Mappus friedliche Menschen mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfer aus dem Park vertrieben und dabei viele seelisch und körperlich verletzt.

Doch auch die Parkräumung vor zehn Jahren war trotz des Regierungswechsels zu Grün-Rot eine provokante Machtdemonstration der politisch Verantwortlichen. Heiner Geißlers Schlichterspruch, gesunde Bäume dürften nicht gefällt werden, wurde missachtet. Ohne Notwendigkeit wurden Fakten geschaffen, anstatt Mensch und Natur wenigstens noch bis zum folgenden Herbst einen lebenswerten Park zu erhalten.

Noch kurz davor hatte die Landesregierung bei einem vertraulichen Treffen Vertreter*innen der Bewegung gegen S21 dazu bewegen wollen, den Park freiwillig zu räumen, gleichzeitig aber dieses Vertrauen gebrochen mit dem Erlass eines geheimen „Rahmenbefehls Nr.2“ zur Überwachung und Bespitzelung des S21-Widerstands. Staats- und Verfassungsschutz schreckten selbst vor der Beobachtung der sog. Parkgebete nicht zurück.

Schon damals war das angeblich alternativlose Großprojekt aus der Zeit gefallen. Für die Luftreinhaltung wichtige Bäume wurden gefällt und für das Stadtklima benötigte Grünflächen zubetoniert. Heute sind angesichts der Erderhitzung die Folgen dramatisch. Die Bodenversiegelungen und der querliegende Tiefbahnhofsriegel werden bei extremem Starkregen zu einer Überflutung der Innenstadt führen.

Doch Wahnsinn und Zerstörungen gehen mit der Planung von nochmals 47 km Tunnelröhren und eines „ergänzenden“ unterirdischen Kopfbahnhofs weiter. Die Bebauung des Rosensteinquartiers ist nicht nur extrem schädlich für das Stadtklima, sondern nach Angaben der Bahn frühestens in 15 Jahren realisierbar. Ohne Stuttgart 21 hätte man schon seit langem, und auch jetzt noch, die Weichen für nachhaltige und erschwingliche Wohnungen auf dem sog. C-Areal stellen können.

Dazu Dieter Reicherter, neu gewählter Sprecher des Aktionsbündnisses: „Angesichts der vielen ungelösten Probleme bis hin zum gescheiterten Brandschutz sehen wir eine Bilanz des Grauens“, auch nach 10 Jahren sei die Zerstörung des Parks ein nachwirkender Klimaskandal und ein Verbrechen an künftigen Generationen.

Das Aktionsbündnis fordert daher einen Runden Tisch mit allen Projektbeteiligten sowie Fachleuten und Vertreter*innen der Bürgerschaft, um gemeinsam eine Alternative für klimaverträglichen und leistungsstarken Schienenverkehr ohne weitere Zerstörungen zu erarbeiten. Das Umnutzungskonzept „Umstieg21 Plus“ bietet eine klimaschonende Lösung, die eine Bauruine verhindert: www.umstieg-21.de

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930522 / 0151 26371131
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

Hinweis: Der 10. Jahrestag der Parkräumung wird auch im Mittelpunkt der 600. Montagsdemo am 14. Februar 2022 stehen, die ab 18 Uhr digital veranstaltet wird:
https://www.youtube.com/channel/UCPpHnLvtVa8bwyfc6erIEvQ/videos

S21: Auch ständige Wiederholung macht noch keinen unumkehrbaren Baubeginn

Stuttgart 21-Betreiber und -Bauherren haben zum wiederholten Mal, zuletzt am gestrigen 5. August 2014, den Baubeginn ausgerufen, der das Projekt angeblich unumkehrbar machen soll.
Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS sieht dagegen mit dem von Projektbüro und Bahn inszenierten Hype um die Baugrube 16 lediglich ein weiteres Potemkinsches Baufortschritts-Dorf, mit dem über die grundlegenden, nicht reparierbaren Mängel des Tiefbahnhofprojekts hinweggetäuscht werden soll. Nicht genehmigte Erhöhung der Grundwasserentnahme, fehlendes Brandschutzkonzept, nicht genehmigter Bauabschnitt Filderbahnhof, für die Mineralquellen hochriskante Baupläne für den Nesenbachdüker sind nur einige davon.

Vom „Memorandum of Understanding“ 2007 über die symbolische Prellbockanhebung 2010 bis zu diversen „Tunnelanstichen“ 2013 und 2014 wird das Unumkehrbarkeits-Mantra unablässig wiederholt, auch um der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass jeder Widerstand der Stuttgarter Protestbewegung zwecklos sei. „Da freuen sich die Tunnelparteien und Projektbefürworter zu früh“, so der SÖS-LINKE-PluS-Fraktionsvorsitzende Hannes Rockenbauch (SÖS). „Als ich am 5. August um 6:30 Uhr mit 70 Personen an der Frühstücksblockade teilnehmen konnte und dann im Laufe dieses Ferien-Dienstagvormittags 700 Demonstranten kamen, um am Bahnhof ihre Ablehnung des Murksprojekts zum Ausdruck zu bringen, konnte ich selbst und live erleben: Der Widerstand lebt.“ Rockenbauch folgert: „Die Protestbewegung bleibt ein Faktor, der den Befürworteten Schwierigkeiten bereiten wird.“

Der Co-Fraktionsvorsitzende Thomas Adler (DIE LINKE) ergänzt: „Die Protestbewegung fordert völlig zu Recht von der Stadtverwaltung, dass sie die Bürger vor den ständigen Belastungen schützt, die die Bahn ihnen durch Verstöße gegen Planfeststellungsauflagen zumutet – bei der Baulogistik, beim Verkehr, bei Umweltschutz- und Lärmemissions-Auflagen. Aber statt endlich mal ‚Stopp‘ zu sagen werden bisher sämtliche Augen zugedrückt und Sondergenehmigungen ausgestellt. Gerade Fritz Kuhn wurde nicht an die Verwaltungsspitze gewählt um sich weg zu ducken, sondern um genau hinzuschauen!“

Die Fraktionsgemeinschaft hat im Juli zwei Anträge eingereicht, die Maßnahmen gegen die Gefährdung von Grund- und Mineralwasser durch die nicht mehr wegzudiskutierende Rostwasserbrühe in den Grundwassermanagement-Verrohrungen und den Entzug der wasserrechtlichen Genehmigung wegen der zahlreichen ungelösten und bisher ignorierten Probleme fordern. Weitere Anträge und Anfragen werden zeitnah folgen.

Adler und Rockenbauch schließen: „Wir werden es aber nicht beim Fragen stellen belassen. Stuttgart 21 ist nicht unumkehrbar, wer das vielzitierte ‚Wohl der Stadt‘ will, muss den Ausstieg planen! SÖS-LINKE-PluS wird dies weiterhin fordern!“

Für Rückfragen:
Thomas Adler 0179 900 70 10