PM Filstalbrücke wird Filztalbrücke

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Symbol für Lug und Betrug

Filztalbrücke

Als Symbol für die Beschleunigung des Schienenverkehrs hat die Deutsche Bahn AG die Filstalbrücke in den Himmel gehoben. Nur drei Wochen nach Inbetriebnahme ist die Brücke als Symbol für Lug und Trug abgestürzt.

Die Berichte zum Betrugsverdacht beim Bau der Brücke als Teil der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm haben das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 nicht überrascht, so Bündnissprecher Dieter Reicherter. Das extrem klimaschädliche und energieintensive Großprojekt war von Anfang an auf Lug und Trug gebaut. Mangels Wirtschaftlichkeit hätte es nie gebaut werden dürfen. Schon die ursprünglich viel zu niedrig angesetzten 2 Milliarden Kosten konnten nur durch verfassungswidrige Mitfinanzierung durch das Land Baden-Württemberg und die eingerechneten Einnahmen durch erfundene Güterzüge, welche auf der Strecke verkehren sollten, gedeckt werden. Wenn das Projekt aber schon bei den ursprünglich angesetzten Kosten unwirtschaftlich war, so gilt dies umso mehr angesichts der jetzigen Verdoppelung der Kosten.

Das berichtete Betrugsschema erinnert sehr stark an die von der Financial Times recherchierten Korruptions- und Betrugsvorwürfe beim Projekt Stuttgart 21, die bis heute ungeklärt sind. Demnach sollen nicht erbrachte Leistungen in der Größenordnung von 600 Mio.€ betrügerisch in Rechnung gestellt und tatsächlich erbrachte Leistungen zu überhöhten Preisen abgerechnet worden sein. Außerdem seien unnötige Aufträge erteilt worden.

Die jetzt zur Filstalbrücke bekannt gewordenen Vorwürfe decken sich mit den Hinweisen eines Insiders, die dem Aktionsbündnis schon vor vier Jahren zugingen. Demnach habe sich bei Überprüfungen herausgestellt, dass die Armierung nicht richtig dimensioniert gewesen sei. Wenn ein Zug auf der Brücke stark abbremsen müsse, bei sich auf der Brücke begegnenden Zügen und bei extremem Seitenwind drohten statische Probleme. Deshalb seien hochkomplizierte Nacharbeiten nötig. Planungsversagen á la Stuttgart21!

„Die behaupteten Betrugstaten wurden nur möglich, weil Politiker und Bahnvorstände, die keine anderen Erfolge vorzuweisen hatten, auf Biegen und Brechen und unter Inkaufnahme hoher Sicherheitsrisiken den vorgesehenen Eröffnungstermin der Neubaustrecke einhalten wollten“, so Reicherter. Eine pompöse Eröffnungsfeier zur Selbstdarstellung und wolkige Versprechungen über Zeitersparnis boten Gelegenheit, vom Unvermögen der Verantwortlichen bei Planung und Bau abzulenken. Der dadurch entstandene Zeitdruck lud geradezu ein, diesen auszunutzen, um sich auf Kosten des Steuerzahlers zu bereichern. Denn wer um jeden Preis zur Selbstbestätigung ein Erfolgserlebnis benötigt, ist eine leicht zu melkende Kuh.

Doch nicht nur leichtfertiger Umgang mit fremdem Geld ist zu beklagen, sondern auch sträfliche Vernachlässigung des Brand- und Katastrophenschutzes in den langen Tunnelröhren. Immer noch wird zur Verdeckung der Steuerverschwendung wider alle Fakten behauptet, alle Bahnreisenden gewännen zwischen Stuttgart und Ulm 15 Minuten Fahrzeit. Selbst die Mär, die Neubaustrecke sei von großem Nutzen für den Schienengüterverkehr, wurde noch bei der Eröffnungsfeier verbreitet.

Nach den Berichten liegen die Kosten der Filstalbrücke beim Dreifachen des ursprünglich Veranschlagten, nach den Eingeständnissen der Bahn für die gesamte Neubaustrecke beim Doppelten. Dies lässt Rückschlüsse auf die Kostenentwicklung bei dem Projekt Stuttgart21 zu und bestätigt auch die Warnungen, dass auf die Klage der Deutschen Bahn AG auf Beteiligung an den Mehrkosten von Stuttgart21 das Land und die Landeshauptstadt Stuttgart Milliardenbeträge werden nachschießen müssen.

Einmal mehr fordert das Aktionsbündnis schonungslose Aufklärung und einen Betriebsstopp bis alle sicherheitsrelevanten Fragen, gerade im Kontext des aktuellen Betrugsverdachts, geklärt sind. Angesichts der absehbar nie mehr endenden Probleme mit S21 und der Neubaustrecke muss jetzt die Blockade gegen die Diskussion von Alternativen aufgegeben werden. Das Umstiegskonzept sieht den Erhalt des Kopfbahnhofs und die Nutzung der Tunnelröhren für ein unterirdisches Logistiksystem vor und die Anbindung einer sicherheitsüberprüften Neubaustrecke über die Bestandsstrecke Tübingen-Stuttgart an den Kopfbahnhof: www.umstieg-21.de .

Kontakt:
Dieter Reicherter 0151 263 711 31 oder
07192 930522,
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

PM Blamage nach der Teileröffnung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm

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Wer den Schaden (verursacht) hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen …

Hohn und Spott einerseits, aber auch schlimmste Befürchtungen hat der blamable Start der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm (NBS) ausgelöst. Kaum waren die Jubelreden gehalten, die Scheinwerfer erloschen und die verantwortliche Prominenz wieder in ihre Chefetagen zurückgekehrt, begann das Chaos auf der Strecke: Züge von Ulm nach Stuttgart blieben im Tunnel liegen, Reisende mussten mit Heißgetränken versorgt werden. Statt 15 Minuten Fahrzeitgewinn hieß es zurück nach Ulm, um dann mit einer Stunde Verspätung über die Bestandsstrecke am Stuttgarter Hauptbahnhof anzukommen, wo verschiedene Anschlüsse verpasst wurden.

Auf Zugausfälle bezogen fragt Spaßvogel @bsterix auf Twitter: „Aber dank Neubaustrecke fallen sie 15 min schneller aus?“

Peter Müller aus Stuttgart meint: „Da hat wohl auch der Segen des Herrgotts nichts retten können!“ und hängt ein Photo von der Eröffnungsfeierlichkeit an.

 

Nach übereinstimmenden Medienberichten ist die noch nicht funktionierende elektronische Zugsteuerung ETCS ursächlich für die Pannen. Entgegen Presseberichten kommt es weiter zu Zugausfällen, Umleitungen und Verspätungen auf der NBS. Offensichtlich hat die Kommunikation der auf der Strecke eingebauten ETCS-Ausstattung mit den ETCS-Lesegeräten an Bord der Züge nicht geklappt. Erfahrungen, die die DB schon bei anderen Neueröffnungen von ETCS-Strecken gemacht hat.

Dies mag noch als hinzunehmende Kinderkrankheit abgetan werden. Es zeigt sich hier jedoch ein Ausmaß an Fahrlässigkeit, das bei den kapitalen Sicherheitsmängeln der NBS, wie sie seit Wochen von Kritiker*innen vor allem im Bereich des Brandschutzes vorgetragen werden, schnell zu einem tödlichen Risiko werden kann.

Erforderlich ist daher eine Betriebspause. Neustart erst, wenn ein zuverlässiger Betrieb sichergestellt ist und durch geeignete einschränkende Maßnahmen den Brandschutzrisiken und Klimabelastungen, besonders bei Hochgeschwindigkeitsfahrten durch Tunnel, Rechnung getragen ist.

Hinweise:
PM des Aktionsbündnisses und Dossier zu Brandschutzdefiziten der NBS
PM unseres Kooperationspartners „Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene“ zu NBS

Aktuelle Berichterstattung:
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/neubaustrecke-wendlingen-ulm-pendler-berufsverkehr-100.html
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.zeischen-wendlingen-und-ulm-riesenpanne-auf-ice-neubaustrecke.bf102a0e-7779-4674-a32b-64d508ce63f7.html

Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31,
Werner Sauerborn, 0171 320 98 01

Offener Brief: Untaugliche Planung des Brandschutz- und Rettungskonzepts bei „Stuttgart 21“

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Bodman-Ludwigshafen, Stuttgart, 07.12.22

Sehr geehrter Herr Bundesminister Volker Wissing,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann,

sehr geehrter Herr Minister Winfried Hermann,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

sehr geehrte Medienschaffende,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Schutzgemeinschaft Filder e.V., anerkannter Umweltfachverband, stellvertretend für alle Umweltfachverbände, mahnen ein weiteres Mal eindringlich vor den völlig unzureichenden Vorkehrungen für Leben und Unversehrtheit von Fahrgästen und Zugbegleitern im Brandfall eines Zuges in einer der Tunnelröhren des künftigen Bahnknotens Stuttgart!

Es mag – ungeachtet einiger Zweifel – dahinstehen, ob die derzeit gültigen, einschlägigen deutschen und europäischen Regelwerke für Bahntunnel (hier: mit geplanten Mindeststandards!) eingehalten sind. Das Projekt „Stuttgart 21“ verkörpert jedoch aufgrund der extremen Tunneldichte bei teilweise großen Steigungen und extremen Tunnellängen ein buchstäblich brandgefährliches Alleinstellungsmerkmal, das durch die geltenden Richtlinien nicht erfasst ist.

Nach bisherigem Planungsstand umfasst das Projekt ca. 59 km Tunnelröhren. Das von den Vertretern der DB AG in den vorangegangenen Planfeststellungsabschnitten konstatierte „Restrisiko, welches bei solchen Großprojekten nie völlig vermeidbar“ sei, ist eine unverantwortliche Verharmlosung des Gefahrenpotenzials eines im Tunnel brennend liegenbleibenden Zuges. Die Bahn selbst beschreibt einen solchen Fall eines Zugbrands im Tunnel als „nicht beherrschbar“! Bei „Stuttgart 21“ folgt erschwerend ein Tunnel unmittelbar auf den nächsten, bzw. auf einen der insoweit gefährlichen Tiefbahnhöfe in Stuttgart und am Flughafen. Bei den großen Längen der einzelnen Tunnelabschnitte erscheint, anders als von der DB AG fortwährend bagatellisierend behauptet, völlig ausgeschlossen, dass ein in Brand geratender Zug aus eigener Kraft ins Freie gelangt. Dies gilt in besonderem Maße bei einem Brandfall im 9,5 km langen und steilen Fildertunnel des Planfeststellungsabschnitts 1.2. Dort bliebe angesichts der talseitig in den Fildertunnel bergauf eingeblasenen Frischluft im Brandfall den in Panik geratenden Zuginsassen lediglich die Flucht entgegen der Belüftung. Sollte der Brandherd am Zug jedoch auf der Zufuhrseite der Frischluft entstehen, sind alle Fluchtwege ausgeschlossen, da Hitze und Rauchgase bergauf ziehen und eine Entfluchtung bergab am Brandherd vorbei unmöglich ist. Die dichte Tunnelfolge mit z.T. großen Steigungen (im 9,5 km langen Fildertunnel) bedeutet faktisch eine nicht zu verantwortende Todesfalle.

Im Übrigen: Die Tatsache, dass die Bahn bei allen Tunnelneubauten Brandschutzübungen durchführt, widerlegt eindeutig die von Bahnseite fortwährend vorgebrachte Beschwichtigung, ein Zugbrand in einem Tunnel sei extrem unwahrscheinlich, dessen Beherrschung deshalb nicht erforderlich.  Die jüngsten Zugbrände bei Montabaur 2018 kurz vor bzw. hinter Tunnelabschnitten und aktuell vom 10.11.2022 im Flughafenbahnhof Köln/Bonn beweisen die Haltlosigkeit dieser Position.   

Sollten die schwerwiegenden Planungsfehler von Stuttgart 21 in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des künftigen Bahnknotens irrigerweise mit dem sog. „Pfaffensteigtunnel“ und dem Tunnel „Nordzulauf“ mit insgesamt weiteren rund 44 km Tunnelröhren – untauglich – „abgemildert“ werden, so bestünde der Bahnknoten Stuttgart aus mehr als 100 km Tunnelröhren. Das ist eine derart extreme Tunneldichte, die im Fall von Zugbränden alles in den Schatten stellt, was weltweit an gefahrenträchtigen Bahnstrecken jemals gebaut wurde!

Wir fordern Sie nachdrücklich auf, stoppen Sie diese Fehlplanung, solange noch Zeit dafür ist! Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hat in konstruktiver Mitverantwortung für einen funktionierenden und vor allem weniger gefahrenträchtigen und weniger klimaschädlichen Bahnknoten Stuttgart das Konzept „Umstieg 21“ (www.umstieg-21.de) entwickelt, das am Ende – sogar mit dem heutigen Stand des Baufortschritts verglichen – noch Hunderte von Millionen Baukosten spart. Es fehlt unsererseits jedes Verständnis, dass dieses ökologisch und ökonomisch durchdachte Alternativkonzept nie die Beachtung gefunden hat, die es verdient!

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Reicherter, Martin Poguntke, Norbert Bongartz, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S 21.

Steffen Siegel, Dipl.-Ing. Frank Distel, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder e.V.