Dietrich Wagner ist tot – Wir kämpfen in seinem Sinne weiter!

(hier als pdf-Datei)

Dietrich Wagner, Symbol des Widerstandes gegen das Projekt Stuttgart 21 und gegen staatliche Gewalt, hat im Alter von 79 Jahren seine am Schwarzen Donnerstag vom Wasserwerfer geblendeten Augen für immer geschlossen. Das Aktionsbündnis und die ganze Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 trauern um ihren Mitstreiter der ersten Stunde. Wir werden im Gedenken an seinen Einsatz unseren Kampf gegen ein den Bahnverkehr und das Klima nachhaltig schädigendes Mammutprojekt fortsetzen.

Dietrich Wagner konnte als gelernter Ingenieur von Anfang an den Irrsinn des Projektes fachlich einordnen und schloss sich der Protestbewegung besonders mit dem Ziel an, den Schlossgarten als Ruhe- und Erholungsort mitten in der Großstadt zu bewahren. Als staatliche Gewalt beim Polizeieinsatz am 30. September 2010 mit Duldung der Mappus-Regierung eskalierte, stellte er sich allein und ungeschützt aus Sorge um Kinder und Jugendliche einem Wasserwerfer entgegen. In einem Akt beispielloser Gewalt und entgegen sämtlichen Vorschriften beschoss ihn daraufhin die Wasserwerfer-Besatzung gezielt am Kopf und raubte ihm für den Rest seines Lebens fast vollständig das Augenlicht. Das schockierende Foto, welches die barbarischen Folgen dieses Willkürakts zeigte, ging um die Welt und machte Dietrich Wagner zum Symbol des staatlichen Gewaltexzesses. Er stand für hunderte Verletzte, jung und alt, die bei Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken rechtswidrig ihrer Gesundheit und ihrer Würde beraubt wurden.

Die Verletzungen und ihre Folgen machten aus Dietrich Wagner mit einem Schlag einen anderen Menschen. Er, der für seine Überzeugung eingestanden war und sich für Andere eingesetzt hatte, war plötzlich auf fremde Hilfe angewiesen, um seinen Alltag bewältigen zu können. Der Kampf um Anerkennung des erlittenen Unrechts zermürbte ihn, seine Kräfte ließen immer mehr nach. Dennoch hielt er viele Jahre lang durch, bis endlich aufgrund seiner Klage die Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes gerichtlich festgestellt und der Weg für eine – wenn auch unangemessen niedrige – Entschädigung für ihn und andere Verletzte geebnet war. Unbeeindruckt von den schrecklichen Folgen, welche die gewaltsame Durchsetzung ihres Vorhabens ausgelöst hatte, verfolgten die Verantwortlichen ihr zerstörerisches Projekt dennoch unbeirrt weiter.

Bis zuletzt litt Dietrich Wagner darunter, dass niemand der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurde oder sich wenigstens entschuldigt hätte. Im Gegenteil wurde sein Kampf um Gerechtigkeit von Politik und Teilen der Justiz jahrelang unangemessen behindert. Seinen größten Erfolg erzielte er durch die Abschaffung der Wasserwerfer in Südkorea als Folge eines von internationalen Menschenrechtsorganisationen 2016 in Seoul veranstalteten Symposiums, in dem sein Fall und derjenige eines tödlichen Wasserwerfer-Einsatzes in dem asiatischen Land im Mittelpunkt standen.

Als Folge seiner Beeinträchtigungen und nachlassender Kräfte hatte er sich schon seit einigen Jahren nicht mehr mit den Entwicklungen des Projekts beschäftigen können und deshalb irgendwann auch Weiterbauen für die einzig sinnvolle Option gehalten. Erst in einem späteren persönlichen Gespräch erfuhr er erstmals vom Vorschlag Umstieg 21 Plus, die bereits gebauten Tunnelröhren für ein unterirdisches Transportsystem zu nutzen. Als Ingenieur zeigte er sich davon begeistert und distanzierte sich mit Hinweis auf seine zuvor fehlenden Informationen ausdrücklich vom Weiterbau. Besonders schockiert war er von der geplanten Zerstörung des Rosensteinparks durch Bebauung mit schwerwiegenden Auswirkungen auf das Stadtklima und den Artenschutz.

Wir werden Dietrich Wagner zur letzten Ruhe begleiten am Montag, dem 10. Juli 2023, um 14.00 Uhr auf dem Waldfriedhof in Stuttgart.

Das Aktionsbündnis geht davon aus, dass es vielen Mitstreiter*innen gegen Stuttgart 21 ein Bedürfnis ist, sich von Dietrich Wagner auf der Trauerfeier zu verabschieden.

Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31
Martin Poguntke, 0151 403 602 56

PM Verunglimpfung statt Fakten

(hier als pdf-Datei)

S21-Lobbyist Bernhard Bauer verweigert argumentative Auseinandersetzung

Statt sachlich Argumente auszutauschen, flüchtet Bernhard Bauer, Vorsitzender des Bahnprojektvereins Stuttgart-Ulm, im Interview der Stuttgarter Zeitung1) in die Verunglimpfung des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. In einem einzigen Satz drischt er nicht weniger als vier billige Phrasen: „skandalisieren“, „Panikmache“, „Katastrophenszenarien“ und „verunsichert“.

Damit steht Bernhard Bauer (in seiner jetzigen Position als Lobbyist der Bahn) ganz in der Tradition der früheren Landesregierung unter Stefan Mappus. Für sie hatte er als Amtschef des Verkehrs- und Umweltministeriums die Projekte Stuttgart 21 und Neubaustrecke Wendlingen-Ulm maßgeblich gefördert. Schon damals wurde dem Aktionsbündnis Ähnliches unterstellt (wörtliche Zitate aus einem Schreiben des damaligen OB Schuster vom 27.8.2010 an den damaligen Ministerpräsidenten Mappus liegen uns vor). Und schon damals nahm es Bernhard Bauer mit der Wahrheit nicht so genau, wenn es darum ging, dem Projekt zu dienen.

Dazu Dieter Reicherter, Sprecher des Aktionsbündnisses: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Aus mir exklusiv vorliegenden Dokumenten ergibt sich, dass Bauer am Abend des 30.9.2010 während des Polizeieinsatzes im Schlossgarten gegenüber dem Führungsstab der Polizei telefonisch erklärt hatte, ein tatsächlich vom Eisenbahnbundesamt verfügtes Baumfällverbot sei ein bloßes Gerücht. »Es darf definitiv gefällt werden.«“ 2)

Warum nimmt Bernhard Bauer nicht Stellung zum Vorwurf des Betrugs durch die Verantwortlichen, die mit der Lüge, auf der Neubaustrecke würden Güterzüge fahren, die fehlende Wirtschaftlichkeit des Projekts schöngerechnet haben? Warum setzt er sich nicht mit den Argumenten der extremen Klimaschädlichkeit durch hohen Energieverbrauch und CO2-Ausstoß bei Bau und Betrieb der Neubaustrecke auseinander? Warum geht er nicht auf den Vorwurf ein, dass die Bahn für den Fall eines Zugbrands in den Tunnels kein funktionierendes Rettungskonzept hat?

Weil er sich dann der Tatsache stellen müsste, dass die Bahn lediglich Simulationen für ein sogenanntes „Kalt“ereignis, also ohne Feuer hat, die zudem gelöscht wurden – also jeglicher Nachweis fehlt. Weil er sich dann der Tatsache stellen müsste, dass auf der Neubaustrecke definitiv keine Güterzüge fahren werden. 3) Weil er sich dann der Tatsache stellen müsste, dass die Neubaustrecke z.B. viel zu steil und zu hoch ist, als dass Zugfahren dort klimaverträglicher sein könnte als auf der Filstalstrecke.

Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31
Martin Poguntke, 0151 403 602 56

1)   „Panikmache begleitet das Projekt“, Stuttgarter Zeitung vom 26./27. November 2022, S. 21

2)   Über diese und andere Erkenntnisse aus unter Verschluss gehaltenen Dokumenten der Landesministerien wird Dieter Reicherter unter dem Titel „Luagabeidl GmbH & Co KG“ bei einem Vortrag in Kernen-Stetten auf Einladung von K21 Kernen am 24.2.2023 um 19.30 Uhr in der Glockenkelter in 71394 Stetten (Gemeinde Kernen), Hindenburgstr. 43 berichten.

3)   Siehe Aussage von Dr. Sigrid Nikuta, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bahn AG, in der Sendung SWR1 Leute vom 19.11.2020, ab Minute 07:20

PM Systematische Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit bei Stuttgart 21

(hier als pdf-Datei)

Interne Dokumente belegen:
Systematische Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit bei Stuttgart 21

Mit hochmanipulativen, teils rechtswidrigen Praktiken und massiver Desinformation im Zusammenhang mit der „Geißler-Schlichtung“ und dem Untersuchungsausschuss 2010 zum Schwarzen Donnerstag hat die damalige Mappus-Regierung den Grundstein für die politische Durchsetzung von Stuttgart 21 gelegt. Das belegen Akten, die der Vorsitzende Richter am Landgericht a.D. und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Dieter Reicherter, nach fast zehnjährigem Rechtsstreit jetzt einsehen konnte. Die nachfolgenden Regierungen Kretschmann I und II haben die jetzt offen gelegten Belege so lange geheim gehalten bis keine (strafrechtlichen) Konsequenzen mehr zu befürchten waren.

Das sogenannte Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler wurde der Öffentlichkeit als objektiver Faktencheck verkauft. Es ging jedoch nicht um Wahrheitsfindung, sondern, wie eine vertrauliche Notiz des Staatsministeriums vom 10. Nov. 2020 (Anlage) zeigt, um die „Lebensversicherung“ der Landesregierung: „Wir wollen und brauchen den Erfolg der Schlichtung“. Deswegen sollte ein Schlichterspruch Geißlers vorab vertraulich abgestimmt werden. „Besonders perfide war dabei der Plan, die Beseitigung von intern längst bekannten Mängeln des Projekts nach der Schlichtung als Kompromisse darzustellen und den Projektgegnern die nicht finanzierten Kostensteigerungen anzulasten“, so Reicherter.

Die Inszenierung Geißlers als Friedensrichter und die jetzt bekannt gewordenen manipulativen Einflussnahmen auf seinen „Schlichterspruch“ sind charakteristisch für Stuttgart 21. „Ohne Lügen und Täuschungen kann ein derart widersprüchliches und klimaschädigendes Projekt eben nicht durchgesetzt werden. Aber Lügen haben halt doch kurze Beine“, so Reicherter.

Auch für den Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Polizeieinsatzes vom 30.9.2010 im Stuttgarter Schlossgarten wurden vom Staatsministerium regelrechte „Drehbücher“ verfasst, um eine mögliche Einmischung von Mappus in den Polizeieinsatz zu vertuschen. Spitzenbeamte des Staatsministeriums hatten auf vielen Seiten bis ins Kleinste vorgeschrieben, was Mappus und sein Staatssekretär Hubert Wicker aussagen sollten, damit es zu den Aussagen anderer Zeugen passte. Auch was Polizeipräsident Stumpf als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zweckmäßigerweise aussagen sollte, wurde präzise niedergelegt – und Stumpf hielt sich daran.

Durch das zähe juristische David-gegen-Goliath-Ringen gegen das Land BW über alle Instanzen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg konnte erst jetzt das Staatsministerium gezwungen werden, Dokumente offen zu legen, die die Vorgängerregierung und somit den jetzigen Koalitionspartner schwer belasten.

„Hollywood im Staatsministerium, Drehbuch für Lügenmärchen von Mappus entdeckt“ so ist der Beitrag von Bündnissprecher Dieter Reicherter auf der 624. Montagsdemo am 15. August 2022 ab 18 Uhr auf dem Schlossplatz Stuttgart überschrieben.

Anlage: Dreiseitiger vertraulicher Vermerk des Staatsministeriums vom 10.11.2010

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930 522 / 0151 263 711 31
Werner Sauerborn 0171 320 980 1