PM: Neues Umstiegskonzept vorgestellt: U-Logistik für Stuttgart

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Güterverkehre unten, Menschen und das Leben oben!

Eine Arbeitsgruppe des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart21 hat ein Konzept entwickelt und heute vorgestellt, nach dem Tunnel und Bahnhofsgrube für ein System unterirdischer Güterlogistik genutzt werden sollen und so ein wichtiger Beitrag zur CO2-Vermeidung geleistet wird. Die Hiobsmeldungen der letzten Wochen zum Thema Klima – zuletzt der IPCC-Bericht – mahnen, wie dringend Konsequenzen und Konversions-Alternativen sind. Das gilt auch für treibhausgasintensive Großprojekte wie S 21. „Was für Energiegewinnung aus Kohle und Erdgas die Erneuerbaren sind, könnte für das klimabelastende Stuttgart21 – mit seinen nun geplanten weiteren 47 Tunnelkilometern – UMSTIEG21 Plus sein“, so Bündnissprecher Dr. Norbert Bongartz, einer der Autoren des Konzepts. Weltweit experimentieren Städte inzwischen wieder mit der Idee unterirdischer Güterverkehre.

Der klimapolitische Vorteil Stuttgarts: Die dafür benötigte betonintensive Infrastruktur ist schon gebaut, muss also nur umgenutzt werden. Die benötigten großen Güterverteilzentren können alle in der Nähe der S21-Tunnelspinne angelegt werden. Die große Baugrube am Hbf wird – neben all den Funktionen, die das 2016-er Umstiegskonzept schon vorsah – zum U-City-Hub. Über vollautomatisierte Umschlags- und Transportwege erreichen die Güter den City-Hub, von dem aus sie in die Feinverteilung auf der letzten Meile per Lastenräder und elektrischen Kleinfahrzeugen gelangen. Auch das bei S21 ungelöste Brandschutzproblem entfällt damit.

Im unmittelbaren Gegenzug muss es oberirisch in der City zu einem Rückbau von Flächen für fließenden und ruhenden Autoverkehr kommen, um Platz zu schaffen für urbanes Leben und klimaschonende Mobilität. Die Grundversorgung mit Gütern sehen die Autoren als Aufgabe der öffentlichen Daseinsversorgung und bezeichnen die unterirdische Güterlogistik daher in Anlehnung an den ÖPNV als ÖGNV – Öffentliche Güternahversorgung.

„Uns war von Anfang an bewusst, dass dieser Vorschlag viel guten Willen und neues Denken erfordert“, so Bongartz. Aber genau das brauche es jetzt. Seit 15 Monaten arbeite die Umstiegsgruppe an dem Vorschlag, habe viele Expert*innen-Gespräche geführt. Bei den Coburger Logistikprofessoren Philipp Precht und Mathias Wilde hat das Aktionsbündnis eine Plausibilitätsstudie in Auftrag gegeben. Das im April veröffentlicht Ergebnis: Das Konzept sollte weiterverfolgt werden. UMSTIEG21 Plus konkretisiert die Idee im Stuttgarter Umfeld.

So soll der zerstörte Teil des Schlossgartens in seinen wesentlichen Funktionen wiederhergestellt werden. Die Verbindung von der Stadt zu seinen großen Grünflächen ist wieder ebenerdig offen. Die Gefahr der Überflutung der City bei Starkregen durch die Riegelwirkung des bis zu 6 m hohen S21-Trogs ist gebannt. Die klimapolitische Devise bei alledem: Umnutzen des Gebauten, soweit es sinnvoll verwendbar ist.

Das Konzept UMSTIEG21 Plus errechnet über 6 Mrd. € Einsparung gegenüber dem S21-Weiterbau mit Ergänzungsprojekten. Seine Realisierung ist in viel kürzerer Zeit möglich: keine Großbaustellen bis in die 2040-er Jahre; 730.000 t Treibhausgase weniger durch Verzicht auf betonintensive Ergänzungsprojekte.

Aus klimapolitischem Schaden wird klimapolitischer Nutzen: bis zu 1.300 t CO2 pro Jahr weniger durch die Verlagerung von Güterverkehr unter die Erde, keine weitere Bodenversiegelung im Rosensteinquartier durch Erhalt des Kopfbahnhofs und das vorgeschlagene Schlossgartenkonzept. Mehr städtisches Grün. Beitrag zur Energiewende: großflächige transparente Solarpaneele auf dem Glasdach des wiederhergestellten Kopfbahnhofs, Stärkung des ÖPNV durch S-Bahn Ringschluss auf den Fildern, keine weitere Zunahme des ökologisch problematischen Flugverkehrs durch Verzicht auf einen S21-Fernbahnhof am Flughafen.