Werners Rundmail vom 18. Juli 2021

(hier die ganze Rundmail als pdf-Datei)

Liebe Freundinnen und Freunde,

„Jetzt können die ja wohl nicht einfach so weiter machen“. Das waren die Worte eines stadtbekannten Gastwirts, ganz unter dem Eindruck der Katastrophenbilder der letzten Tage – noch bevor ich mich setzen konnte. Er kannte mich entfernt als S21-Gegner. Aber er meinte es grundsätzlicher.

In der Tat: vielleicht ist es ein historisches Zeitfenster, eine Zäsur, die eine Wende in der Gesellschaft, vor allem aber in der Politik möglich macht. Es heißt ja immer, aus der Erdüberhitzung seien bisher nicht die erforderlichen Konsequenzen gezogen worden, weil die Auswirkungen räumlich und zeitlich zu weit weg waren. Das ist jetzt anders. Die Einschläge sind jetzt ganz nah, hier und jetzt: über hundert Tote, apokalyptische Bilder, mitten in Deutschland und Europa, in Gegenden und Städten, die die meisten kennen, wo sie schon waren, wo sie Freund*innen haben.

Es ist vielleicht ein historischer Moment wie 2011 bei der Katastrophe von Fukushima. Kein Ort in Deutschland, der nicht betroffen wäre, wo es bei einem Fallout nicht zu ähnlich verheerenden Folgen gekommen wäre. Ein Moment in dem Merkel die gesellschaftliche Stimmung begriffen hat und eine Wende vollzog, die ihr kaum jemand zugetraut hätte.

Die Frage ist, ob die Politik diesmal die klimapolitische Lektion gelernt hat. Das muss man bezweifeln. Wenn der derzeit aussichtsreichste Kanzlerkandidat Lachet am Abend der Katastrophe, als schon alle Medien voll davon waren, auf dem CSU-Parteitag meinte „weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik“. Sagte es, fährt nach Erftstadt, zieht die Gummistiefel an, zeigt sich vor laufenden Kameras entsetzt, dankt den Rettungskräften und -fordert mehr Tempo beim Klimaschutz, als wäre er in den letzten Jahren nicht der Bremser bei allen klimapolitischen Bemühungen gewesen. Beim „Kohlekompromiss“ agierte er eher auf der Seite von RWE & Co, setzte sich im Konflikt um den Hambacher Forst für die Rodungen zugunsten des Braunkohletagebau ein, hat in NRW den Ausbau der Windkraft torpediert und ist hauptverantwortlich für ein Wahlprogramm, das sich beim Thema Klima vor jeder Festlegung drückt.

(Campact-Appell hier unterzeichnen!)

 

 

Da ist Laschet nicht viel schlechter als die vorherrschende Politik, geprägt von der Großen Koalition in Berlin, die an Nordstream 2 festhält und sich damit auf Jahrzehnte an die fossile Energieversorgung bindet, die die Autoindustrie pampert, die weiter Riesengewinne mit übergewichtigen Sprit- oder Stromfressern verdient, und die an klimaschädigenden Großprojekten wie der Fehmarnbeltquerung, dem Ausbau des Leipziger Flughafens, dem Autobahnausbau, und natürlich Stuttgart 21 festhält.

Beim Autobahnausbau in Hessen (A 7 bei Kassel und A 485 in Gießen) sind die hessischen Grünen in der moralischen Mitverantwortung. Bei Stuttgart 21 sind es die Grünen unmittelbar. Auch hier die Doppelzüngigkeit, die der von Laschet in nichts nachsteht: So posaunt Kretschmann bei der Vorstellung des neuen Koalitionsvertrags: „Klima, Klima, Klima“ und redet zugleich Stuttgart 21 und vor allem seinen Ergänzungsprojekten mit großen zusätzlichen Klimaschädigungen das Wort (was dazu Berthold Fries im Auftrag Kretschmanns verlauten ließ: s. weiter unten).

Ob bei den politisch Verantwortlichen nach der Flutkatastrophe der vergangenen Woche der Groschen endlich gefallen ist oder sie nach einer Phase des Maulheldentums wieder in die alten Muster des Weiter-So verfallen, hängt wesentlich davon ab, ob sie Druck von unten kriegen.

Da kommt das für das kommende Wochenende geplante Klimacamp (23.bis 25 Juli im Stuttgarter Stadtgarten) gerade zum richtigen Zeitpunkt https://klimacamp-stuttgart.de/ .

Das Klimacamp wird organisiert von einem Bündnis von Klimaaktivist*innen und einem Unterstützerkreis aus verschiedenen Organisationen, Gruppen und Zusammenhängen, darunter auch das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und mit ihm viele Aktive der Bürgerbewegung gegen KlimaSkandal21 und auch einer kräftigen finanziellen Beteiligung. Schwerpunkte sind inhaltliche Diskussionen, Vernetzung, Aktionsplanung. Über 43 Foren und Workshops sind geplant., darunter auch der von Dr. Angelika Linckh geleitete workshop „Klimaziele und Stuttgart 21“, am Sonntagvormittag, an den sich ein Infostand des AB von 12 bis 14 h anschließen soll.

Dort wird erstmals ein neuer von Uli Stübler gestalteter Falt-Flyer angeboten, der über alle wichtigen Fakten zur Klimaschädlichkeit von Stuttgart 21 informiert:

Der Flyer (hier als pdf-Datei) ist zum richtigen Zeitpunkt fertig geworden, denn es gibt großen Informationsbedarf bei den jungen Klimaaktivisten über das Projekt, das als die größte klimapolitische Stellschraube in der Stadt gesehen werden muss.

Es ist kein Geheimnis, dass es ein Fremdeln gibt zwischen Fridays bzw. Kesselbambule und der Bewegung gegen S21, die sich von Anfang an (Parkschützer, Proteste gegen Baumfällungen, Schwarzer Donnerstag) als Klima- und Umweltbewegung verstanden hat. Anders als bei den hartgesottenen S21-Fans, die den Elefanten im Wohnzimmer gezielt ignorieren, geht es in der Diskussion mit den jungen Klimaaktivisten um Information, Solidarität und das Bewusstsein, dass es um die gleichen Ziele geht.

Deswegen ist es auch sinnvoller, dass S21-Gegner*innen nicht alle in den Workshop von Angelika Linckh strömen, sondern in die anderen Foren und workshops. Empfehlenswert vielleicht besonders:

  • Freitag 13.30h: Klimaschutz und Verkehr; Ort: im großen Zirkuszelt
  • Samstag 19.30h: Diskussion mit Andreas Hofer (Intendant der IBA 2027), Britta Mösinger (Leerstandsmelder), Marianne Kreichgauer (Fuss e.V.)

(hier das aktuelle Programm)

Es gab bei den Planungen des Camps eine vielsagende Diskussion um den Einsatz des großen 60 m-Banners, das, wie hier zu sehen, sehr bestimmend und raumgreifend wirkt und wirken soll:

Von der Ambition, das beim Klimacamp einzusetzen, haben wir uns verabschiedet. Es ist zwar unser Thema, aber nicht unser Camp. Möglicherweise gibt es Gelegenheit, es am Rande des Programms in Szene zu setzen.

Es gibt ja noch andere „bescheidenere“ Banner, wie dieses:

Um unsere Unterstützung auch praktisch werden zu lassen, braucht es noch viele Hände und Köpfe, wobei die genaueren Bedarfe sich noch klären werden:

 

– Leute, die sich um unseren Stand nach Angelikas Veranstaltung kümmern (So 12-14h).
– jemand, der den in Druck befindlichen „Darum“-Flyer mitbringt und Leute, die ihn verteilen
– jemand, der sich um Mitbringen und Anbringen der kleineren Banner kümmert
– jemand, der das große Banner stand-by hält – Unterstützung in der Camp-Küche
– Umsetzung des anspruchsvollen Hygiene-Konzepts
– helfen beim Campaufbau (Mittwoch + Donnerstag) und Abbau (Montag und Dienstag) Bitte alle Fragen und Angebote zu helfen erst mal an Gisela Heinzmann. Am besten per mail: giselaheinzmann@gmx.de, oder auch telefonisch: 07141- 299 69 54.

Das Klimacamp wird auch eine wichtige mobilisierende Rolle spielen auf der

571. Montagsdemo am 19. Juli 2021 ab 18 Uhr auf dem Schillerplatz
mit
Niels Clasen, “Die FrAKTION” Bezirksbeirat Stuttgart-Wangen: “Das Wangener Tor sanieren und erhalten”
Lucia Parbel, “Fridays for Future”: Klimacamp Stuttgart
Dr. Angelika Linckh, Parkschützerin: “Klimacamp und S 21-Protest – Solidarität und Vernetzung”
Rainer Markus Wimmer: kabarettistisch poetischer Liedermacher und Autor
▪ Stefan Notter, Parkschützer, Moderation

Davor: Raddemo 17.45h ab Feuerbach – gesund + aktiv zur MoDemo!
Danach: Demozug zur (demnächst neuen) Mahnwache. Dort Schwabenstreich

Special welcome zur Montagsdemo: Fridays & Kesselbambulistas!

 

Absturz der Grünen in den Umfragen
Anpassung bis zur Unkenntlichkeit

Lange sah es so aus, als wüchsen die Grünen Bäume, besser: die Bäume der Grünen Partei, in den Himmel. Und plötzlich, wie aus eben diesem heiteren Himmel, der Absturz in den Umfragen. Und das soll alles nur an ein bisschen paste & copy, an Schummeleien und einem etwas verschönerten Lebenslauf der Spitzenkandidatin Baerbock liegen?

Nein, es liegt viel tiefer, nämlich am Grünen Opportunismus, an ihrer mangelnden Standhaftigkeit, zu dem zu stehen, was ihnen angeblich oder tatsächlich wichtig ist. Die Blaupause für diese Strategie liefern Kretschmann und seine BaWü-Grünen mit ihrer Stuttgart 21-Politik. Wer kennt nicht den mantra-artigen Hinweis auf den jeweiligen Koalitionspartner, die Mehrheiten im Landtag oder Gemeinderat: da könne man halt nichts machen, da bleibe nur noch Realpolitik, das hieße: Anpassung, Mitmachen. Legendär der absurde Satz von Boris Palmer, Stuttgart 21 sei ein Fehler, den man jetzt machen müssen.

In dieser Logik, könnte der gröbste Unsinn erst gestoppt werden, wenn Wahlen dafür die nötige Mehrheit ergäben, womöglich erst bei einer Grünen Alleinregierung!? Dass Politik etwas mehr ist als sich im institutionellen Machtgerangel zu behaupten, dass es Mitmischen in gesellschaftlichen Diskursen, Engagement in Bürgerbewegungen und Solidarität mit Protesten außerhalb der Institutionen ist, haben die Kretschmann-Grünen vergessen und verlernt.

Und eben dies erklärt viel besser den Grünen Absturz als Baerbocks Stolpereien. Diesen Zusammenhang beschreibt sehr schön Stefan Reinecke in der taz. Hier Zitate:

„Die … Botschaft lautet: Wir tun das Nötige, aber es wird nicht wehtun. Man kann die Welt retten, darf aber trotzdem Dosenbier trinken und SUV fahren, bei Tempo130 natürlich.“

„Vor lauter Konsens-Denken ist den Grünen die Anpassung an das, was ist, zur zweiten Natur geworden. Sogar die grüne Jugend denkt lieber zwei Mal nach, wie scharf sie Kretschmann kritisieren darf, wenn der in der Coronakrise Verbrennerautos subventionieren will.“

„Die Baerbock-Affäre hat die Schwäche der Grünen entblößt. Sie haben vor lauter Konsens vergessen, wie Konflikt geht, und sind zum Opfer ihrer eigenen Harmonieerzählung geworden. “

Merkels gelehrige Schüler – von Stefan Reinecke, taz 10.7.: https://www.taz.de/!5782406

 

Gemeinderat lehnt Hermanns unterirdischen Zusatzbahnhof ab
Was jetzt, Herr Minischter?

Erwartungsgemäß haben sich im innergrünen Streit zwischen Landes- und städtischer Ebene die Stuttgarter Grünen durchgesetzt, gern unterstützt von den ewiggestrigen S21-Befürworterfraktionen. https://www.fr.de/panorama/gemeinderat-entscheidung-zusatzbahnhof-stuttgart-21-bahn-projekt-zr-90863850.html. Ihnen kam zupass, dass Hermanns Vorschlag etliche technische Schwächen, wie viel zu steile Strecken, aufwies.

Worum ging es also Hermann mit seinem Vorschlag? Wirklich darum, einen schon lange als viel zu klein erkannten S21-Bahnhof, den er aber nicht mehr glaubt, verhindern zu können, wenigstens irgendwie noch leistungsfähiger zu machen – um welchen klimapolitischen Preis auch immer? Oder ging es ihm nur darum, am Ende, wenn es schief gegangen sein wird, sagen zu können, er habe ja einen Ausweg angeboten.

Ob Hermann der Held ist, der unter widrigen Bedingungen immer noch für das Richtige kämpft, wie ihn viele gern sehen, oder ob er doch nur einer der grünen Opportunisten ist, die das, wofür sie angetreten sind, längst ihren Ämtern, Dienstwagen und Karrieren geopfert haben – das wird sich jetzt zeigen.

 

Nach 12 Jahren gibt Tom Adler Mandat und Fraktionsvorsitz ab
Die Abrechnung

Der Einblick, den Tom Adler mit seinem Kontext-Beitrag in den politischen Alltag der Gemeinderatsarbeit als Linker gibt, macht nur allzu verständlich, dass das nicht noch länger auszuhalten war. Das sture Beharren auf dem größten Unsinn, die Resistenz gegen Fakten, der Opportunismus und die Umfallerei, die ihm besonders bei den Grünen aufgestoßen sind, haben Spuren hinterlassen und Konsequenzen erfordert.

Hart daher auch, wie Tom Adler mit politischen Kontrahenten ins Gericht geht:

So erinnert er an den Erpressungsversuch des damaligen Fraktionsvorsitzenden Werner Wölfle, seinerzeit einer der Grünen Größen im Aktionsbündnis. Wölfle hatte, letztlich vergeblich, die Mitgliedschaft der LINKEn im Aktionsbündnis mit der Drohung seines Ausstiegs erpresst: „Wenn Riexinger kommt, sind wir weg“. Weg waren sie erst einige Jahre später und mit ihnen auch das ständige Hauen und Stechen und der Versuch, das Aktionsbündnis auf Regierungs- bzw. Grünenlinie zu bringen.

„Und das Aufrücken des Grünen Peter Pätzold zum Bürgermeister für Städtebau und Umwelt war nur noch reine Formsache, nachdem er einen formidablen Sinneswandel hingelegt hatte. Während er als einfacher Grüner in einer Architekturzeitschrift noch scharf gegen die Bebauung des Gleisvorfelds am Hauptbahnhof geschossen hatte, präsentiert er sich heute als verbissener Kämpfer für Stuttgart 21 an der Seite von CDU, SPD und FDP.“ Bemerkenswert, wie „die Grünen nach der gewonnenen Landtagswahl 2011 in atemberaubendem Tempo mit Kretschmann den “Käs für g’essa” erklärten. Fortan reihten sie sich bei den Projektförderern ein und bezahlten gerne den geforderten Preis für Karrieren hinein in die Rathausspitze.“

Und zu Martin Körner, SPD: „Zu den Methoden der hiesigen SPD gehöre seit Jahrzehnten, „über die schädlichen Folgen der eigenen Politik zu lamentieren und Abhilfe zu verlangen – zum Beispiel gegen die Mietenexplosion. So war für den Verkauf der landeseigenen Wohnungen an den Immobilienkonzern Patrizia, heute Vonovia, SPD-Minister Nils Schmid ebenso verantwortlich wie der grüne Koalitionspartner. Auch die SPD vor Ort will, zwanghaft staatstragend, immer dazu gehören. Ihr Fraktionsvorsitzender Martin Körner, ein eloquenter Betriebswirt, blinkt gerne links (und klimaschützerisch), um danach rechts (und klimaschädigend) abzubiegen. So lässt er von Wahl zu Wahl aufs Neue die Forderung eines 365 Euro-Ticket plakatieren. Und ebenso regelmäßig lehnt er Anträge unsrer Fraktion, es einzuführen, ab. Körner ist das personifizierte Glaubwürdigkeitsproblem der Stuttgarter SPD, weshalb es seinen KollegInnen zu wünschen wäre, dass sie diesen Ballast, der nicht einmal mehr für zehn Prozent bei der OB-Wahl gut war, von der Bühne schieben können.“

Deutlich wird in Tom Adlers Resumee aber auch, dass es nicht nur um Moral und Haltungsprobleme bei einzelnen Akteur*innen geht, sondern auch um „die sich wechselseitig verstärkenden und bestätigenden Strukturen, die das hervorbringen, sprich die enge Verflechtung mit Investoren und Konzernen, der Jahrmarkt der Eitelkeiten, der es Bürgermeistern und sogar Stadträten fast unmöglich macht, zuzugeben: Wir haben furchtbare Fehler gemacht. Und es ist ein in Jahrzehnten neoliberaler Dominanz geformter Verwaltungsapparat, der sogar die wenigen mit sozialökologischer Mehrheit gefassten Beschlüsse auszubremsen in der Lage ist.“

Man muss Tom Adler, einen der entscheidenden Promotoren der Montagsdemos nicht näher kennen, um zu wissen, dass das kein Abschied aus dem politischen Engagement ist, nicht einmal eine grundsätzliche Absage an die Arbeit in Parlamenten, aber „was letztlich die notwendigen Veränderungen erzeugt, geht von der Straße aus. Wir sehen uns – genau dort.“

Ein Stadtrat zieht Bilanz: Ein bräsiger Filz – Ausgabe 536

 

Mehr davon!

„Mehr von dieser Art von Spontaneität, Frechheit und intelligentem Humor“ wünscht sich Aktivist Eberhard Rapp wieder für die Bewegung gegen S21. Die Rockband hawelka wird’s nicht übelnehmen

 

 

 

Alte Gesprächsfäden wieder aufnehmen mit dem Appell
„Klima first! – Kein zweites Stuttgart 21!

Manche sagen, man solle alte und neue S21-Befürworter nicht zu arg kritisieren und denken da besonders an die Grünen. Gerade jetzt, wo mit den sog. Ergänzungsprojekten das Projekt immer absurder und klimaschädigender weiter gebaut werden soll, gelte es, alte Gesprächsfäden wieder aufzunehmen. Klimapolitische Ambition könne man ja nicht grundsätzlich und jedeR Grünen oder grünaffinen BUNDler*in oder VCDler*in absprechen. Vielleicht kämen auch der einen oder dem anderen Bedenken angesichts der Wucht, mit der die Klimaentwicklung jetzt auch Deutschland getroffen hat – das ist der Hintergrund eines Vorstoßes aus den Reihen des Aktionsbündnisses, das dazu eine AG gegründet hatte.

Hier der Appell: Klima first! – Kein zweites Stuttgart 21! Das Anliegen: Zugehen auf Mitstreiter*innen aus besseren Zeiten, auf Befürworter, die die Klimafrage bewegt, auf Verbände oder Prominente … Unterzeichner*innen sammeln und Unterschriften an ernst.delle@arcor.de schicken.

Dieter Reicherter veranschaulicht:
Was die Ergänzungsprojekte (Stuttgart 21 II) fürs Klima bedeuten

Was bedeuten 47 weitere Kilometer Tunnel? Wie soll man sich 730 000 t Treibhausgase vorstellen. Das hat Dieter Reicherter auf der 570. Montagsdemo veranschaulicht. So entspricht „der Ausstoß von 730.000 t Treibhausgasen durch ihren Bau der Masse an Treibhausgasen, die sämtliche in Stuttgart zugelassenen 300.000 Pkws erzeugen würden, wenn jeder mit durchschnittlich 1,4 Personen besetzt wäre und 11.000 km führe.“

Wollte man diese Treibhausgase der Atmosphäre wieder entziehen, bräuchte man „dicht an dicht stehende Bäume auf einer Waldfläche von rund 30 km², die ein ganzes Jahr lang das Kohlendioxid der Luft entziehen. Dies entspricht der 55fachen Fläche des Stuttgarter Schlossgartens.“

Vorstellungskraft noch nicht beflügelt? Dann gibt’s weitere Veranschaulichungen in der Rede: Zweites Stuttgart 21 im Koalitionsvertrag – oder wie Grün-Schwarz der jungen Generation die Zukunft raubt | Bei Abriss Aufstand (bei-abriss-aufstand.de)

 

Im Auftrag von Kretschmann an Bündnissprecher von Loeper
„Die neue Landesregierung hat die Debatten um Stuttgart 21 überwunden“

Bündnissprecher Dr. Eisenhart von Loeper hatte anlässlich der Koalitionsbeschlüsse zu den „Ergänzungsprojekten“ MP Kretschmann angeschrieben und über die hohen Klimabelastungen informiert. Am 5. Juli erhielt er im Auftrag von Kretschmann eine Antwort von Berthold Fries, ehemaliger Landesgeschäftsführer des BUND und inzwischen Ministerialdirektor in Hermanns Verkehrsministerium. Darin lobt er die Ergänzungsprojekte als Beitrag zum Klimaschutz. Man habe „die Debatten um Stuttgart 21 überwunden und arbeite gemeinsam sowie konstruktiv an einem leistungsfähigen Eisenbahnknoten 2040“. Ein Zitat für die Geschichtsbücher, Kapitel Geschichte der Grünen.

Briefausschnitt:

 

 

 

Ein großer Erfolg, aber nicht das Ende vom Lied im
Kampf gegen Große Kreuzfahrtschiffe in Venedig

Das „Comitato NO GRANDE NAVI“ in Venedig kämpft seit Jahren gegen die Großen Kreuzfahrschiffe, die große Schäden in der Lagunenstadt anrichten und Ursache des overtourism sind, unter dem Venedig zunehmend leidet. Das Komitee gegen Kreuzfahrtschiffe ist lose verbunden im „Internationalen Netzwerk gegen unnütze und aufgezwungene Megaprojekte“, in dem sich auch unsere Gruppe „Stuttgart21 überall“ engagiert.

Als am 13. Juli die Meldung die Runde machte, Venedig verbiete jetzt Kreuzfahrtschiffe https://www.tagesschau.de/ausland/venedig-verbot-kreuzfahrtschiffe-101.html, war die Freude zunächst groß. Es sah nach einem weiteren großen Erfolg nachdem die Freund*innen in Notre-Dames-des-Landes nach langem Kampf im Januar 2018 den Bau eines Großflughafen in der Bretagne verhindert hatten.

Etwas zu früh gefreut. Petra Reski, die in Venedig lebt und sich als Mafia-Expertin Lorbeeren verdient hat, goss als Erste in einem Beitrag der taz Wasser in den Wein: Kreuzfahrtschiffe bei Venedig: Märchenstunde auf Italienisch – taz.de.

Inzwischen haben die Freund*innen von „Stuttgart21 überall“ eine Pressemitteilung der venezianischen Partner, ein Comunicato Comitato NO GRANDI NAVI auf ihrer Seite eingestellt, in dem Licht und Schatten der neuen Vorgaben für die Monster der Meere beleuchtet werden: https://stuttgart21ueberall.wordpress.com/

Devise: DER KAMPF GEHT WEITER, ABER MIT EINEM ERSTEN WICHTIGEN SIEG

 

Abteilung Juristisches:
Klage gegen das Eisenbahn-Bundesamt

Hier geht es letztlich um die Infragestellung des Projekts insgesamt wegen des fehlenden Brandschutzes. Angegriffen wird die Gesamtplanfeststellung. Die Klage selbst war ja bereits erhoben. Jetzt wurde die Begründung (62 Seiten, ohne Anlagen) von Eisenhart von Loeper eingereicht, der den Text mit Dieter Reicherter entwickelt hat. Dazu können jetzt EBA und Bahn Stellung nehmen, dann folgt voraussichtlich ein Ping-Pong wechselseitiger Stellungnahmen, bis es zu einer Verhandlung kommt. Solange hängt ein scharfes Damoklesschwert über dem Projekt.

Ein Erfolg …
VGH erlaubt Zwangsvollstreckung gegen die Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm

Es geht hier eine Klage von Wolfgang Jakubeit/Ing22 auf Einsichtnahme in die Simulationen der von der DB beauftragten Gruner AG zur Evakuierung aus den S21-Tunneln im Brandfall. Mit allen juristischen Tricks versucht die DB, die Einsichtnahme zu verhindern. Sie wird ihre Gründe haben. Es gab ein juristisches Tauziehen, dem jetzt der VGH ein einstweiliges Ende gesetzt hat, indem er die Zwangsvollstreckung gegen die DB auf Herausgabe der angefragten Simulation erlaubt und damit die Informationsrechte der Bürger*innen grundsätzlich stärkt.

… und ein moralischer Erfolg:
Klage gegen Nichtzulassung des 3. Bürgerbegehren Storno21 abgelehnt

Dieter Reicherter auf der 569. MoDemo: „Leider wurde vergangene Woche vom Verwaltungsgericht Stuttgart unsere Klage zum Bürgerbegehren Storno 21 abgewiesen. Die gute Nachricht ist aber, dass wir erhobenen Hauptes und als moralische Sieger den Gerichtssaal verlassen konnten.“

Und: „Immerhin erkannte das Gericht ausdrücklich an, dass die Täuschung durch die Bahn hinsichtlich der Kosten schon bei Abschluss der Finanzierungsvereinbarung, aber auch bei den Kostensteigerungen offensichtlich sei und durchaus für eine Vertragskündigung hätte herangezogen werden können. Deshalb sprechen wir vom Rechtsbruch der Bahn. Die Urteilsbegründung steht noch aus. Bisher gab es vom Gericht nur eine lapidare Mitteilung und eine ebenso nichtssagende Pressemitteilung. Ein Hinweis darauf, dass sich das Gericht schwertut, das Urteil zu begründen?

Genaueres zu allen drei Punkten in der Rede von Dieter Reicherter auf der 569. MoDemo: https://www.bei-abriss-aufstand.de/2021/07/05/gerichte-stellen-rechtsbrueche-der-bahn-fest/

Wichtiges to come:
Umstieg21 plus

Die Umstiegsgruppe des Aktionbündnisses biegt gerade in die Zielgerade ein. Kernpunkt des Umstiegs-updates ist der Vorschlag, die S21-Infrastruktur für unterirdische Güterlogistik zu nutzen. Dazu hatte das AB im April eine ermutigende Plausibilitätsstudie veröffentlicht. Wie genau das beim jetzigen Stand der Bauentwicklung funktionieren soll, wird in einer Broschüre, ähnlich der von 2016, dargestellt und illustriert. Es soll eine entsprechend neu gemachte website geben und ein Werbevideo.

Vorgesehen ist die Veröffentlichung, vermutlich leider nur digital, am 10. August, bzw. in den Kernaussagen auf der Montagsdemo am Tag zuvor.

Ein sehr konkreter Bezug zu den katastrophalen Überflutungen in Deutschland kommt auch zur Sprache: In der ohnehin extrem überflutungsgefährdeten Kessellage der Stadt würde der geplante Halbtief-Bahnhof eine zusätzliche Riegelwirkung gegen den Abfluss von großen Wassermassen darstellen. Ein unverantwortlicher, Leben gefährdender, eigentlich krimineller Plan. Stuttgart 21 versagt nicht nur beim aktiven, sondern auch beim passiven Klimaschutz.

Hierzu hat Dieter Reicherter bei der Stadt Stuttgart einen Antrag nach dem Umweltverwaltungsgesetz sowie der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG gestellt (hier als pdf-Datei), um sämtlichen Unterlagen betreffend die Starkregenereignisse in Stuttgart am 4.6.2021 und 5.6.2021 einsehen zu können

Die im Umstiegskonzept vorgeschlagene Lösung zeigt, wie es anders geht.

 

Mahnwache

Engagiert bei der Arbeit ist auch das Orgateam der Mahnwache. Es wird über eine geeignete „Überschrift“ debattiert. Viel Organisatorisches und Handwerkliches steht an, damit die Wiedereröffnung am 1. August klappt.

Die Mahnwache hatte gestern, am 17.072021 ihr 11-jähriges Jubiläum. Diesmal gab es leider kein Fest oder ähnliches. Das soll aber – in kleinem Rahmen – nach der Eröffnung am 1. August nachgeholt werden. Die Mahnwache bekommt ein festes Holzhaus – lasst euch überraschen

& viele Grüße von Werner