PM: S21-Erörterung zu Filderplanung ohne die Verursacher der Probleme

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Jetzt ist die neue grün-schwarze Regierung gefragt

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Schutzgemeinschaft Filder e.V. (SGF) fordern, dass die politisch Verantwortlichen wegen der unlösbaren Probleme auf den Fildern aktiv werden. Martin Poguntke, einer der Sprecher des Aktionsbündnisses: „Die unbedingte Forderung, die Gäubahn Zürich–Stuttgart über den Flughafen zu führen, war und ist eine fixe Idee der schwarz-rot-gelben Landespolitik aus den 90-er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Aber keiner von diesen Damen und Herren war bei der diese Woche durchgeführten öffentlichen Erörterungsverhandlung dabei, um diese angebliche Notwendigkeit zu begründen und sich dafür zu rechtfertigen. Das geht nicht, dass sich die Verursacher und deren Nachfolger einen schlanken Fuß machen und ihr angerichtetes Chaos aus der Ferne betrachten und sogar noch ein gedankenloses Weiter-so fordern.“

Und Frank Distel, der als Stv. Vorsitzender der SGF bei der Erörterung deren Hauptforderungen vorgetragen hat, ergänzt: „Spätestens nachdem heute das Bundesverfassungsgericht gefordert hat, dass wegen des Klimaschutzes bereits die heutigen Planungen mit Rücksicht auf nachfolgende Generationen überprüft werden müssen, ist ein Projekt nicht mehr hinnehmbar, das den ÖPNV auf den Fildern behindert und durch weitere gigantische Tunnels als „Ergänzungsbauwerke“ zusätzlich riesige Mengen an Treibhausgasen erzeugt.“

Die beiden Gruppen fordern deshalb, dass die grün-schwarzen Koalitionsverhandler die tabulose Überprüfung der S21-Filderpläne beschließen. Ergebnis kann aus ihrer Sicht nur eines sein: die Belassung der Gäubahn auf der Panoramatrasse von Vaihingen über den Norden des Talkessels und stattdessen konsequenter Ausbau von S- und Stadtbahnen auf den Fildern und ins Neckartal.

Kontakt:   Martin Poguntke, 0151 403 602 56, Frank Distel, 0171 959 72 73

Erörterungsverhandlung zum Filderabschnitt 1.3b empörende Farce

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Pressemitteilung

Schutzgemeinschaft Filder e.V., Aktionsbündnis gegen S 21, Ingenieure22, Deutscher Bahnkundenverband, Landesnaturschutzverband BW, NABU Stuttgart

Natur-, Umweltverbände und Vereinigungen gegen S 21 verlassen Termin unter Protest.

Mehr als zwei Jahrzehnte nach der Raumordnerischen Beurteilung (09/1997) und über 100 Monate nach der Antragstellung der DB AG für den Gesamtabschnitt 1.3 wird ausgerechnet in einer Hochphase der Corona-Epidemie eine öffentliche Versammlung als ein zentraler Akt des rechtlichen Gehörs aller betroffenen Organisationen und Einzelpersonen übers Knie gebrochen. Seit über einem Jahr müssen von allen Bürger*innen psychische, möglicherweise auch lebensprägende Belastungen und Einschränkung von Freiheitsrechten zur Eindämmung der Pandemie als zumutbar und verfassungskonform hingenommen werden. Gleichzeitig führt das Regierungspräsidium Stuttgart im Landkreis Esslingen mit einer Inzidenz von ca. 250 entgegen den Empfehlungen der Gesellschaft für Aerosolforschung eine Massenveranstaltung an vier aufeinanderfolgenden Tagen jeweils von 9 bis 18 Uhr in einem geschlossenen Raum durch.

Das Infektionsrisiko der Teilnehmer wird noch erhöht durch Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs. Toiletten müssen mit einer Vielzahl von Personen geteilt werden. In hitziger Diskussion kommt es leicht zu verringertem Abstand mit heftigem Aerosolausstoß.

Wahrscheinlich ist die Seuche bis zum 3. Quartal dieses Jahres durch die fortschreitenden Impfungen der Bevölkerung weitgehend bewältigt. In Anbetracht der nun 20 Jahre dauernden Planungen für diesen Planfeststellungsabschnitt ist es deshalb unverantwortlich, nicht ein Abklingen der Pandemie abzuwarten. Die Durchführung der Veranstaltung ausgerechnet durch eine Behörde des Landes liefert zudem Menschen, die die Krankheit verharmlosen und staatliche Beschränkungen infrage stellen, geradezu die Rechtfertigung für ihre Auffassungen.

Dies alles geschieht in der Erörterung zu einer von der Bahn stur weiterverfolgten Antragstrasse, die durch den Alternativvorschlag des Bundesverkehrsministeriums für einen 11 km langen Tunnel endgültig und schonungslos als Fehlplanung entlarvt wurde. Mangels aussagekräftiger Unterlagen der Bahn hierzu kann aber auch diese Tunnelalternative nicht sach- und fachgerecht abgewogen werden. Das ganze Verfahren ist von daher unseres Erachtens rechtsfehlerhaft.

Der von vielen Beteiligten, namentlich der Schutzgemeinschaft Filder, von Anfang an geforderte Erhalt der Gäubahn auf der Panoramastrecke und deren oberirdischer Kopfanschluss an den Hauptbahnhof als am schnellsten realisierbare, mit Abstand kostengünstigste und umweltfreundlichste Variante muss ebenfalls in die Variantenabwägung einbezogen werden. Stuttgart e.V.

Diese Alternative löst schließlich fast alle Probleme der Antragstrasse. Dies wird jedoch fortwährend von der Bahn und den lokalen Projektpartnern ignoriert.

Die Aussage der Verhandlungsleiterin, über den Gäubahnerhalt könne nicht entschieden werden, weil „die Politik halt die Führung der Gäubahn über den Flughafen verlangt habe“, ist unerträglich! Die Politik muss flexibel genug sein, eine längst als unsinnig erwiesene Forderung zu erkennen und zu korrigieren, anstatt in empörender Sturheit auf einer Fehlentscheidung zu verharren. Wir fragen uns, wo ist „die Politik“, die den Karren auf den Fildern damit an die Wand gefahren hat, eigentlich bei der Erörterungsverhandlung?

Nachdem die Sitzungsleiterin des Regierungspräsidiums Stuttgart die Forderung nach Beendigung der Erörterung zurückgewiesen hat, haben die anwesenden Kritiker des Verfahrens nach kurzem Meinungsaustausch und sorgfältiger Abwägung zwischen den Coronarisiken und ihrer Beteiligung an der Erörterung einer längst gescheiterten Fehlplanung unter Protest die Veranstaltung verlassen.

Trotz ihrer nach wie vor bestehenden Sorge wegen der gesundheitlichen Risiken werden Einzelne bei der Erörterung der Alternativen „Tunnel“ und „Gäubahnerhalt“ sowie der Gesamtplanrechtfertigung von Stuttgart 21 teilnehmen. Sie wollen die Themen nicht den Tunnellobbyhörigen überlassen, sondern den nötigen Sachverstand einbringen.

Kontakt: Dieter Reicherter 07192 930522 Frank Distel 0171 9597273

Pressemeldung: Absetzung der Filder-Anhörung beantragt

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Unzureichende Unterlagen, mangelhafter Corona-Schutz

S21-Gegner haben beim Regierungspräsidium Stuttgart förmlich die Absetzung des für kommenden Montag angesetzten Anhörungsverfahrens beantragt. Dies teilten sie in einem Pressegespräch am Freitag, 23. April mit. Einer der Rechtsvertreter des Aktionsbündnisses, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. Dieter Reicherter: „Sowohl die Pandemiesituation – der Rechtsvertreter der Schutzgemeinschaft Fildern e.V. hat deshalb abgesagt – als auch die völlig unzureichenden Unterlagen zum alternativen Gäubahntunnel machen eine öffentliche Verhandlung unmöglich. Zudem ist die Bahn offensichtlich gar nicht mehr an der von ihr selbst beantragten Trasse interessiert. Das macht die Verhandlungen zu einer Farce.“

Im Zuge der Gäubahn-Arbeiten soll für mehrere Jahre die Gäubahn gekappt werden. Der Vertreter von Pro Bahn Schweiz, Edwin Dutler, meint dazu: „Kein Schweizer wird in Vaihingen mit seinem Gepäck in die S-Bahn umsteigen und am Hauptbahnhof ein zweites Mal – er wird dann einfach in Zukunft gar nicht mehr über oder nach Stuttgart fahren. Zudem wollen die allermeisten Schweizer Bahnfahrer nicht zum Flughafen, sondern zum Stuttgarter Hauptbahnhof und dort günstige Umsteigeverbindungen in alle Richtungen vorfinden, was aber bei nur acht Gleisen unmöglich ist.“

Und Dipl.-Ing. Frank Distel von der Schutzgemeinschaft Filder ergänzt: „Die Gäubahn um jeden Preis über den Flughafen zu führen ist ein Grundübel der Planung. Die Tunnel-Idee beweist die mangelhafte Zukunftsfähigkeit der Antragstrasse, schafft neue Probleme und löst wenige. Die in jeder Hinsicht günstigste Lösung ist der Erhalt der Gäubahn auf der bestehenden Panoramastrecke.”

Mit einem Seitenblick auf die zurzeit laufenden grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen fügt Dieter Reicherter an: „»Klimaschutz first« verbietet es, zur untauglichen Lösung der unübersehbaren Kapazitätsprobleme des S21-Projekts weitere 50 km an Tunneln zu bauen. Denn jeder Stahlbeton-Tunnel-Kilometer entspricht einer Klimabelastung von vielen Millionen Kilometern an Pkw-Fahrten.“

Einig zeigten sich zudem die S21-Gegner in ihrer Kritik am Brandschutzkonzept der Bahn. Es sei deshalb, wenn überhaupt, nur eine sehr eingeschränkte Betriebserlaubnis zu erwarten. Damit stehe und falle aber das gesamte Projekt; alle weiteren Entscheidungen müssten deshalb von einer abschließenden Genehmigung des Brandschutzkonzepts abhängig gemacht werden.

Kontakt:   Frank Distel 0171 959 72 73
Dieter Reicherter 07192 930 522

Regierungspräsidium Stuttgart wägt bei Stuttgart 21 auf den Fildern einseitig ab

Nachdem das erste (öffentliche) Anhörungsverfahren des Stuttgart 21-Abschnitts auf den Fildern mehr als ein Jahr zurückliegt, hat nun das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart seinen Abschlussbericht an das Eisenbahnbundesamt geschickt. Das RP empfiehlt die grundsätzliche Genehmigung der DB-Planung. Einzig beim Brandschutz im Flughafenbahnhof rät das RP dem Bundesamt, weitere Untersuchungen vorzunehmen. Der Rechtsanwalt der SG Filder hat den 330-Seiten-Bericht kritisch unter die Lupe genommen und kritisiert mit Frank Distel, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft Filder, die einseitige Abwägung durch das Regierungspräsidium.

„Der Anhörungsbericht des RP Stuttgart an das Eisenbahnbundesamt macht deutlich, wie einseitig zugunsten der Vorhabenträgerin Bahn die Planrechtfertigung des Gesamtprojekts gestützt wird“, sagt Frank Distel, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder. Zwar begrüßt die Schutzgemeinschaft, dass das RP für weitere Brandschutzuntersuchungen plädiert, erkennt aber trotzdem „eine einseitig zugunsten der Bahn erfolgte Abwägung beim Brandschutz“, so Frank Distel.

Auch bei der 6-fach über dem Sollwert liegenden Gleisneigung im Tiefbahnhof zieht sich das Regierungspräsidium – ohne den fachlich fundierten Vortrag des Bundesbahndirektors i.R. Sven Andersen sorgfältig einzubeziehen – hinter die alten Behauptungen des Eisenbahnbundesamts zurück, der Nachweis gleicher Sicherheit sei erbracht. Dies ist vor dem Hintergrund, dass im Kölner Hauptbahnhof bei deutlich geringerer Gleisneigung sich mehrmals im Jahr Züge selbstständig in Bewegung setzen und wegrollen, eine unzureichende Aussage. „Das Kölner Beispiel belegt“, so Frank Distel, „dass die gleiche Sicherheit gar nicht nachgewiesen werden kann“.

Auch beim Vergleich des Tiefbahnhofs mit der “Nullvariante” drückt sich das RP um eine sachgerechte Alternativprüfung. Es beharrt darauf, dass mit der “Nullvariante” der Zustand vor 2010 beschrieben ist. „Es ist aber doch vollkommen klar, dass mit der alternativ geforderten Weiterverwendung des Kopfbahnhofs nicht der marode Zustand des Kopfbahnhofs vor Baubeginn gemeint sein kann“, so Distel, „sondern selbstverständlich in Bezug auf Zulaufqualität, Gleis-Vorfeld und Eisenbahntechnik, ein von Grund auf sanierter und modernisierter Kopfbahnhof, dessen Realisierung die Bahn wegen Stuttgart 21 seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt hat“.  Dies ist, so auch Rechtsanwalt Dr. Tobias Lieber aus Freiburg, die Variante, die der Antragsplanung der Bahn hätte gegenübergestellt werden müssen.

„Nur mit einem modernisierten Kopfbahnhof wird – im Gegensatz zur Ansicht des Regierungspräsidiums – der Rückbau der Bahninfrastruktur vermieden und dem Wohl der Allgemeinheit Rechnung getragen“, betont Distel. Ferner werden mit dem Kopfbahnhof, insbesondere bei Verzicht auf den Fildertunnel sowie den im Brandfall äußerst gefährlichen und unkomfortablen Fernbahnhof am Flughafen, sämtliche, von der Bahn so genannte „Restrisiken“ für Leib und Leben von Bahnfahrgästen vermieden.

Die Filder-Bürgerinitiative ist zudem empört, wie das Regierungspräsidium den Fall eines im Fildertunnel unmittelbar vor einem talseitigen Fluchtstollen in Brand geratenen Zuges bagatellisiert. Frank Distel erklärt: „Die lapidare Antwort, die der Behörde dazu einfällt, ist: Man kann von der Bahn nicht „das maximal Mögliche“ fordern.“ Bei der in diesem Fall erwähnten Fluchtmöglichkeit bergaufwärts, übersieht das Regierungspräsidium, dass die Flucht unmöglich sein wird, weil Hitze und Rauchgase aufgrund des Kamineffekts im steilen Tunnel nach oben ziehen. Distel: „Fahrgäste wären in einer tödlichen Falle gefangen.“

Zur Forderung der Schutzgemeinschaft nach Erhalt der Gäubahn auf der Panoramastrecke und deren leistungsfähigen Anschluss an den Tiefbahnhof, (wie auch schon von der sog. „Schlichtung“ und vom Filderdialog erhoben), argumentiert das Regierungspräsidium auffallend zurückhaltend. Zwar werden die Vor- und Nachteile umfassend aufgelistet; es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die Anhörungsbehörde von der antragsseitig verfolgten Führung der Gäubahn über den Flughafen überzeugt wäre. „Damit ist die Alternative, mit der übrigens fast sämtliche Nachteile des Filderabschnitts und auch die Zeitverzögerung durch die Abschnittsbildung vermieden würden, unzureichend abgewogen“, stellt Frank Distel fest.

Die SG Filder weist darüber hinaus erneut darauf hin: Die Aufteilung des Abschnitts 1.3 in 1.3a und 1.3b ist rechtswidrig, da es sich nicht um eine Änderung des bisherigen Vorhabens handelt, sondern „um die Schaffung zweier neuer Vorhaben“, wie der Rechtsanwalt der SG Filder, Dr. Tobias Lieber, feststellt. Durch 1.3a wird der zeitlich nach hinten verschobene Abschnitt 1.3b nicht mehr unabhängig planbar sein. Das aber schreibt der Gesetzgeber vor. Auch die nicht erfolgte Einbeziehung der Öffentlichkeit beim Teilabschnitt 1.3a  wird von der Bürgerinitiative als verfahrensfehlerhaft gerügt.