PM zu Sondersitzung des S21-Lenkungskreises zum Gäubahndrama

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Schildbürgerstreich als Klimaverbrechen

„Heillos verfangen haben sich die Verantwortlichen im Gestrüpp der chaotischen S21-Planungen“, so Bündnissprecher Dieter Reicherter vor der Sondersitzung des S21-Lenkungskreises zur drohenden Stilllegung des Panoramaabschnitts der Gäubahn. Seit gut 20 Jahren scheitern die Bahn und die „S21-Verbesserungspolitiker*innen“ daran, eine genehmigungsfähige Planung für die Gäubahnanbindung des Flughafens vorzulegen. Nun warten die Verantwortlichen mit zwei neuen Zumutungen auf.

Als neue rettende Idee zaubert die Politik jetzt den „Pfaffensteigtunnel“ aus dem Hut. Zwei Röhren mit jeweils ca. 11,5 km Länge sollen die Gäubahnzüge an Böblingen vorbei unterirdisch zum Flughafen führen.

  • Während die öffentlichen Haushalte an ihre Belastungsgrenzen stoßen, sollen dafür weitere gutachterlich bestätigte 2,7 Mrd.€ ausgegeben werden
  • Während die Welt sich immer mehr dem Klimakollaps nähert, soll hier erneut die Emission Hunderttausender Tonnen Treibhausgase in Kauf genommen werden für den CO2-intensiven Tunnelbau und z.B. für errechnete 266 000 zusätzlicher LKW-Fahren für Tunnelaushub
  • Während die Klimapolitik auf die Reduzierung des Flugreisens drängt, soll mit der Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens das Fliegen attraktiver gemacht werden
  • Während weltweit immer mehr Menschen verhungern, würden auf den Fildern 30 ha fruchtbarster Ackerböden allein für die Baustelleneinrichtung nördlich des Flughafens geopfert.

„Das ist nicht nur ein Schildbürgerstreich, das ist ein Klimaverbrechen“, so Reicherter.

Die zweite Zumutung folgt aus der ersten. Weil die Flughafenanbindung bis auf Weiteres gescheitert ist, Stuttgart21 aber Ende 2025 teileröffnet werden soll, plant die Bahn die Kappung der Gäubahnzufahrt zum Bahnknoten Stuttgart bis eine S21-kompatible Lösung für die Flughafenanbindung gefunden sei, also eher bis zum St.-Nimmerleinstag. Pendler*innen und Fahrgäste auf der Fernverbindung von Zürich über Stuttgart nach Norden müssten irgendwo im Vorfeld umsteigen, um zum Hauptbahnhof zu gelangen. Viele Reisende würden auf das Auto umsteigen. Verkehrswende rückwärts! Die wichtigste Ausweichstrecke bei den häufigen Störungen auf der S-Bahn-Stammstrecke wäre blockiert. Nach Ansicht der Verantwortlichen sei die direkte Zufahrt nicht mehr möglich, weil sie den geplanten Städtebau auf dem Gleisvorfeld, der wichtigsten Stuttgarter Frischluftschneise, behindere – ein weiterer klimapolitischer Frevel!

Während die S21-Planerei immer neue Blüten treibt, nehmen Unpünktlichkeit, Fahrlässigkeiten und Beinahe-Katastrophen fast täglich zu. Es ist Zeit, sich mit dem Gedanken des endgültigen Scheiterns des Projekts anzufreunden und das Nachdenken über klimagerechte Alternativen zuzulassen. Dies fordert das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung. Ein sofortiger Planungsstopp für den Pfaffensteigtunnel sowie umgehende Schritte zum Erhalt der oberirdischen Zuführung zum Stuttgarter Hauptbahnhof sind das Mindeste, was der Lenkungskreis am Montag beschließen sollte.

Protestaktion zur Sondersitzung des S21-Lenkungskreises:
Montag, 18. Juli, um Fünf nach Zwölf (12.05h) vor dem Sitz der Region Stuttgart, Friedrichstraße 10 (Ecke Kronenstraße)
Es spricht u.a. ein/e Klimaaktivist*in von Fridays for Future

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930522 / 0151 2637113
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

PM: Gutachter: „Stuttgart 21-Planungen rechtswidrig“

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Zurück auf Null bei der Gäubahn!

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 sieht sich mit dem jüngst bekannt gewordenen Rechtsgutachten des Professors Dr. Urs Kramer in seiner Forderung, die Panoramastrecke auf Dauer zu erhalten, bestärkt. Nach dem Gutachten ist es der Bahn verboten, die von Singen zum Hauptbahnhof Stuttgart führende Gäubahn auf dem Abschnitt zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Kopfbahnhof für viele Jahre zu unterbrechen. Vielmehr hat die Bahn die Pflicht, die Strecke weiter zu betreiben. Zudem ist es der Stadt Stuttgart als Eigentümerin der Grundstücke auch dann nicht erlaubt, diese zu bebauen, wenn die dortigen Schienen eines Tages für die Gäubahn selbst nicht mehr benötigt werden sollten.

Damit ist der Plan der Bahn gescheitert, klammheimlich vollendete Tatsachen zu schaffen. Über viele Jahre sollten täglich tausende Reisende und Pendler gezwungen werden, in Vaihingen oder einem Halt beim Nordbahnhof in S- und U-Bahnen umzusteigen, um die Stuttgarter Innenstadt und Anschlusszüge am Hauptbahnhof zu erreichen. Dieter Reicherter, Sprecher des Aktionsbündnisses: „Es wäre ein Unding, wenn wegen des Interesses der Stadt Stuttgart an einer raschen Bebauung des Bahngeländes die internationale Verbindung Zürich–Stuttgart für über ein Jahrzehnt unterbrochen würde. Einmal mehr sind nun die Verantwortlichen für das Projekt Stuttgart 21 mit Planungen, die lediglich Bau- und Spekulationszwecken dienen und nicht einem leistungsfähigen Schienenverkehr, aufs Abstellgleis geraten“.

Noch sind die von der Financial Times erhobenen Vorwürfe von Korruption und Misswirtschaft bei Stuttgart 21 ungeklärt. Im Raum steht auch, dass einem auf Sanktionslisten aufgeführten russischen Oligarchen indirekt Gewinne aus dem Projekt zufließen. Dabei sind die dahinterstehenden Immobilien- und Baugeschäfte nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern sie stellen auch einen Klimaskandal dar. Denn die Folgen der geplanten Bebauung des Rosensteinquartiers sind Verriegelung der innerstädtischen Frischluftschneise, Bodenversiegelung und Erhöhung der Überschwemmungsgefahr. Angesichts der dramatischen Gefahren für das Stadtklima wird die Fläche genauso wenig zu bebauen sein wie die Panoramastrecke, die für den Bahnverkehr freizuhalten ist.

Die Lösung ist einfach: Man gehe zurück auf Null und belasse es bei der jetzigen Streckenführung der Gäubahn über die Panoramastrecke. Damit wird nicht nur die dringend notwendige Ausweichstrecke für die S-Bahnen erhalten, sondern auch der unabhängige weitere Zulauf zum Hauptbahnhof. Die gigantische und kontraproduktive Fehlplanung auf den Fildern mit Stahl- und Betonorgien sowie dem Ausstoß von Hunderttausenden Tonnen CO2 durch den Tunnelbau wird vermieden. Das eingesparte Geld kann für einen raschen zweigleisigen Ausbau der Gäubahn verwendet werden. Dadurch wird der Schienenverkehr, was der Schweiz schon vor Jahrzehnten vertraglich zugesichert wurde, endlich wirklich beschleunigt und attraktiver gemacht.

Den Projektpartnern steht es frei, jederzeit die Bedingungen der S21-Verträge dahingehend zu ändern. Das Aktionsbündnis fordert deshalb die Projektverantwortlichen auf, sich in der bevorstehenden Sitzung des Lenkungskreises von den bisherigen verkorksten und rechtswidrigen Planungen zu verabschieden. Bis zu weiteren Entscheidungen sind alle Baumaßnahmen und Auftragsvergaben zu stoppen. Noch ist es nicht zu spät für den Erhalt der Panoramastrecke und die Umsetzung des Konzepts Umstieg21 Plus mit der Umnutzung der bereits gebauten Tunnelstrecken für ein intelligentes Logistiksystem, siehe www.umstieg-21.de.

Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31
Martin Poguntke, 0151 403 602 56

 

Der S21-Lenkungskreis ein Ablenkungs- und Verschleierungskreis

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Votum anlässlich der 25. Sitzung des Lenkungskreises vom Bahnprojekt Stuttgart 21

„Es ist nicht zu erkennen, wo dieser ‚Lenkungskreis‘ wirklich ‚lenkt‘; vielmehr lässt offensichtlich umgekehrt der Kreis sich von der Bahn beliebig ‚lenken‘“, fasst Bündnissprecher Martin Poguntke die Beurteilung der Lenkungskreisarbeit zusammen.

Alle Welt weiß inzwischen, wie sehr das Großprojekt Stuttgart 21 die „größte Fehlentscheidung der Eisenbahngeschichte“ (Winfried Hermann) ist. Ob auf das Doppelte überschrittener Finanzrahmen, ob mittlerweile allen bewusste mangelnde Leistungsfähigkeit oder Brandschutzkonzept mit falschen Zahlen – vom Lenkungskreis ist kein kritisches Wort dazu zu hören. Stattdessen Beruhigungspillen, wie digitale Zugsteuerung, weitere 50 km sündhaft teure Tunnel oder zusätzliche unterirdische Kopfbahnhofgleise. Statt zu benennen, dass dies einen faktischen Offenbarungseid darstellt, und zum Innehalten aufzurufen, wird einfach durchgewunken, was für jeden Privatunternehmer den Konkurs bedeuten würde.

Wäre es ein wirklicher „Lenkungskreis“, müsste er jetzt ein sofortiges Moratorium fordern, bis alle Sicherheits-, Leistungs- und finanziellen Fragen geklärt sind. „Juristisch ist,“ so Eisenhart von Loeper, ebenfalls Sprecher des Bündnisses „– wegen der grundsätzlich veränderten Sachlage – keiner der Beteiligten mehr an die S21-Verträge gebunden (siehe das Gutachten*) von Prof. Kamer, Universität Passau). Sie müssten jetzt klären, welche Projektalternativen heutigen Anforderungen an eine zukunftsfähige Verkehrswende entsprechen. Sie müssten die Zusagen des Bundes für ‚Starke Schiene, Klimaschutz und Deutschland-Takt‘ mit Verdoppelung der Fahrgastzahlen vorbehaltlos einfordern.“

Sachverständige wie Prof. Heimerl und Prof. Hohnecker, die bekanntlich keine Projektgegner sind, rufen bei S21 zum Innehalten auf, denn das Chaos dieses Projekts droht ins Uferlose zu wachsen. „Der Lenkungskreis müsste – auch wenn und weil das Umsteuern von Berlin aus erfolgen müsste – ein Signal setzen, das im Einklang mit dem Bundesrechnungshof dazu aufruft, die Warnungen der Gutachter ernst zu nehmen und voll und ganz auch in der Metropolregion Stuttgart auf die Zukunft „Starke Schiene“ zu setzen,“ resümiert Poguntke.

Kontakt:  Eisenhart von Loeper, 07452 4995, Martin Poguntke, 0151 403 602 56

*) https://stuttgart21.strafvereitelung.de/download/2019-03-26-rechtsgutachten-des-unabhaengigen-experten-prof-dr-urs-kramer-universitaet-passau/

Bahn kündigt nächste Runde der Kostensteigerungen an

Deutsche Bahn AG-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla hat in der heutigen Sitzung des S21-Lenkungskreises ein erneutes Gutachten angekündigt, das bis Dezember die aktuelle Kosten- und Terminsituation des Tiefbahnhof-Projekts klären soll. Das Aktionsbündnis sieht darin die Vorbereitung für den nächsten Offenbarungseid: Kosten und Termine des verkehrlich unnötigen und schädlichen Projekts laufen offensichtlich immer mehr aus dem Ruder. Damit steht im Dezember eine erneute Anhebung der Gesamtkosten bevor, nachdem der Aufsichtsrat der Bahn vor fünf Jahren bereits nach ähnlichen Vorankündigungen einer Erhöhung um 50 Prozent auf derzeit 6,5 Milliarden zugestimmt hatte. „Dies wird zulasten des übrigen bundesweiten Bahnverkehrs geschehen“, so der Sprecher des Aktionsbündnisses Dr. Eisenhart von Loeper, „denn die Projektpartner lehnen weiterhin jede Beteiligung an Mehrkosten ab“.

Auf die Fragen nach den Konsequenzen aus Rastatt blieb die Bahn weiterhin eine Antwort schuldig. „Die Bahn steuert hier sehenden Auges in das gleiche Abenteuer wie in Rastatt, denn hier wie dort wurden bzw. werden nicht erprobte Bauverfahren eingesetzt“, bewertete von Loeper diese Planung. Was in Rastatt das Vereisungsverfahren beim Bohren im Kies unter Bahnbetreib war, ist in Stuttgart vor allem das Durchfahren des auch Jahrzehnte nach Fertigstellung noch quellfähigen Anhydrit-Gesteins. Zur Frage nach einem Plan B im Wartungs- oder Havariefall blieb Pofalla eine glaubwürdige Antwort schuldig. Dabei geht die Bahn hier nach Aussagen ihrer eigenen Gutachter ein im Ingenieurwesen „unüblich hohes Risiko“ für die Betriebstauglichkeit ein. Die Möglichkeit eines regelmäßig wiederkehrenden GAUs bedeutet eine Katastrophe für den süddeutschen Bahnverkehr und den Wirtschaftsstandort Mittlerer Neckar.

So hat sich in der heutigen Lenkungskreis-Sitzung Stuttgart 21 erneut als Sackgasse herausgestellt, der nur mit dem Umstieg auf eine Modernisierung des bestehenden Kopfbahnhofs entgangen werden kann. Vorbereitungen darauf werden offenbar bereits getroffen. Jedenfalls wurden in dieser Sitzung auch – ob bewusst oder unbewusst – die Planungen für eine große „Wendlinger Kurve“ beschlossen, mit der ein fortbestehender Kopfbahnhof auch ohne die Tunnelstrecke zum Flughafen an die Neubaustrecke nach Ulm angeschlossen werden kann. Auf den dadurch frei werdenden S21-Bauflächen könnten kurzfristig auch die Pläne der Stadt für die in Stuttgart geplante Internationale Bauausstellung realisiert werden.

Kontakt:
martin.poguntke@online.de
0711 76 16 05 18 (oder: 0171 320 980 1)

 

Korrektur:
[quote]Sehr geehrte Damen und Herren,
in der um 16.06 Uhr verschickten Presseinformation ist uns ein Fehler unterlaufen, der nur mit dem Projekt sehr Vertrauten aufgefallen sein wird: Die im letzten Absatz angesprochene „Große Wendlinger Kurve“ meint den Ausbau der Verbindung von Tübingen über die Neubaustrecke zum Flughafen. Sie soll nach Vorstellung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 ausgebaut werden. Der von uns im Konzept Umstieg 21 geforderte Ausbau der Wendlinger Kurve war im Lenkungskreis nicht gemeint. Er würde die Neubaustrecke mit verhältnismäßig geringem Aufwand und ohne Fahrzeitverlust über das Neckartal an den Kopfbahnhof anbinden.

Wir bitten, das Missverständnis zu entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Sauerborn[/quote]