Die Stadt muss ihre Bebauungspläne auf dem Gleisvorfeld aufheben!

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen S21 – hier als pdf-Datei

Nach der Klageandrohung der Deutschen Umwelthilfe gegen die Gäubahnabbindung
Die Stadt muss ihre Bebauungspläne auf dem Gleisvorfeld aufheben!

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 begrüßt die Ankündigung der Deutschen Umwelthilfe e.V., mit juristischen Mitteln die Abbindung der Gäubahn stoppen zu wollen. Mit der DUH kommt ein juristisch potenter Akteur ins Spiel, der im Dieselskandal schon die deutsche Autoindustrie in die Schranken verwies. Nach dem jetzt vorgelegten Rechtsgutachten verstößt die Deutsche Bahn AG mit ihrem Vorhaben, die Gäubahn bzw. deren Panoramaabschnitt in Stuttgart-Vaihingen oder an einem Nordhalt zu kappen gegen den rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss. Dieser erlaubt die Unterbrechung der Direktverbindung nur für wenige Monate, keinesfalls aber für viele Jahre, wie jetzt geplant. Erschreckend, dass das Eisenbahn-Bundesamt dem Rechtsbruch tatenlos zusieht. Selbst die Drohung der Bahn, in Wildwestmanier die Strecke durch Prellböcke abzusperren, schreckte die Bundesverkehrsminister Wissing unterstellte Behörde nicht auf.

„Wieder einmal stehen die Interessen von Politik und Konzernen zur Durchsetzung von Stuttgart 21 gegen den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf einen guten und zuverlässigen Schienenverkehr“, so Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart a.D. und Sprecher des Aktionsbündnisses. Ungerührt lässt das EBA zu, dass Millionen Menschen aus dem südlichen Landesteil, der Schweiz und Italien vom Zugang nach Stuttgart und damit vom europäischen Schienennetz abgeschnitten werden sollen. Dabei hatte man bei Planung und Durchsetzung des Großprojektes, insbesondere aber bei der Volksabstimmung über einen Ausstieg des Landes aus dem Projekt, eine Verbesserung des Bahnverkehrs und einen funktionierenden Bahnknoten versprochen. Immer deutlicher wird jetzt, dass das glatte Gegenteil eintritt.

Stur wird an überholten und aus der Zeit gefallenen Planungen festgehalten. Offensichtliche Mängel werden mit noch mehr Murks bekämpft und das Recht gebogen. Kompromissbereitschaft gegenüber den Betroffenen Fehlanzeige! Und das alles nur, weil die Stadt Stuttgart so schnell wie möglich das Rosensteinquartier bebauen will – ein Vorhaben, dass sich allein schon angesichts der eskalierenden Erderhitzung verbietet, und schon in wenigen Jahren nicht mehr genehmigungsfähig sein wird. Die heißeste Stadt Deutschlands wird es sich nicht mehr erlauben können, ihre Lunge zuzubetonieren.

„Es ist demokratiepolitisch besorgniserregend“, so Reicherter weiter, „dass sich nicht die zur Aufsicht berufene Behörde sowie die Politik in Stadt, Land und Bund um die Einhaltung von Recht und Gesetz kümmern und erst die DUH als anerkannte Umweltvereinigung juristisch die Belange des Klima- und Umweltschutzes einbringen muss, die von der verantwortlichen Politik sträflich vernachlässigt wurden.“

„Die Abkopplung der Gäubahn hätte zur Folge, dass sich der Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert. Das schadet dem Klima erheblich und ist mit den Klimazielen Baden-Württembergs nicht vereinbar“, begründet DUH- Geschäftsführer Jürgen Resch den Vorstoß seiner Organisation.

Besonders bemerkenswert ist, dass sich zahlreiche Gemeinden an der Gäubahnstrecke wehren, von der für sie wichtigen Bahnstrecke abgeschnitten zu werden. Dem Protest angeschlossen haben sich die Oberbürgermeister von Konstanz (Uli Burchardt, CDU), Singen (Bernd Häusler, CDU), Radolfzell (Simon Gröger, parteilos), Böblingen (Stefan Belz, Grüne), Tuttlingen (Michael Beck, CDU) und René Meyer als Vertreter des Schweizer Kantons Schaffhausen.

„Wir unterstützen die Betroffenen mit Rat und Tat“ so Jurist und Bündnissprecher Reicherter.

„Angesichts des Protests aus den eigenen Reihen und im Interesse der von extremer Aufhitzung bedrohten Bewohner/innen des Stuttgarter Kessels fordern wir die Stadt auf, ihre Bebauungspläne auf dem Gleisvorfeld aufzugeben!“

Kontakt:
Dieter Reicherter 07192 930522 oder 0151 263 711 31,
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

Anlage
: Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe

PM: Wohnungsbau am Sankt Nimmerleinstag

(hier als pdf-Datei)

ACHTUNG:
Demo-Beginn, Donnerstag, 16.12.21, 16 Uhr, NICHT 16.30 Uhr an der Liederhalle!!!

Stadt gibt Millionen aus, um den letzten S21-„Vorteil“ zu retten

Am Donnerstag, 16.12. will der Stuttgarter Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung sein „letztes Aufgebot“ beschließen: die Rettung des Wohnungsbaus im Rosensteinviertel. Tom Adler, ehemaliger Stadtrat: „Sämtliche behaupteten Vorzüge von S21 haben sich inzwischen als Täuschung herausgestellt. Als allerletztes positiv aufladbares Argument für ihr faktenresistentes Weiterbauen wird von den S21-Befürwortern der Wohnungsbau angeführt.“

Damit die Bebauung der durch S21 freiwerdenden Grundstücke wenigstens einige wenige Jahre früher möglich werden soll, hat die Stadt mit der Bahn einen Vertrag ausgehandelt, bei dem sie selbst das volle Kostenrisiko trägt und Ausnahmen vom Artenschutz einplant: Sie will – schneller als die Bahn – die Freimachung der Flächen komplett in Eigenregie vornehmen und bekommt dafür von der Bahn lediglich pauschale Zahlungen von 34 Millionen für Naturschutz und Bodensanierung. Dabei ist absehbar, dass die tatsächlichen Kosten ein Mehrfaches davon betragen werden. Im Gegenzug will sie der Bahn für weitere Jahre mehr als 40 Millionen an Zinsen erlassen, die die DB für verspätete Übergabe des Baufelds hätte entrichten müssen. Und das alles soll still und heimlich in nicht-öffentlicher Sitzung geschehen.

Ziel des Ganzen ist, die Flächen nicht erst Ende der 2030-er-Jahre bebauen zu können, sondern – wenn wider Erwarten alles reibungslos klappt – „schon“ 2032. Dabei weiß kein Mensch, ob in den 30-ern überhaupt noch Wohnungen in dieser Größenordnung gebraucht werden – Homeoffice verbreitet sich, Büroflächen stehen jetzt schon leer und die Einwohnerzahl auch der Stadt Stuttgart geht konstant zurück. Vor allem: Die zu bebauenden Flächen haben zentrale Bedeutung für die Abkühlung und Durchlüftung des Stadtklimas, wie der heutige grüne Baubürgermeister Peter Pätzold auf der Geißler’schen „Schlichtung“ eindrucksvoll darlegte. Bündnissprecher Martin Poguntke: „Wieder zeigt sich, dass S21 kein Bahnverkehrs-, sondern ein Immobilienprojekt ist, das lediglich den Bahnverkehr in Mitleidenschaft zieht. Die Bebauung des Rosensteinareals ist ein klimapolitisches NoGo.“

Demo gegen Klima-Ignoranz
und den heimlichen Ausverkauf der Stadt
am Donnerstag, 16.12.21 um 16(!) Uhr, NICHT 16.30 Uhr
vor der Stuttgarter Liederhalle.

Kontakt: Martin Poguntke 0151/403 602 56, Werner Sauerborn 0171 320 980 1

Offener Brief das Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 an Oberbürgermeister Fritz Kuhn

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kuhn,

  1. Ktn. Fraktionsvorsitzendeund Frau Voskamp, Mediator GmbH

Wir sind darauf angesprochen, dass auf einer an die Fraktionsvorsitzenden zugesandten Liste vorgeschlagener Teilnehmer des Forums Rosenstein auch das Aktionsbündnis aufgeführt sei.

Dabei muss es sich um ein Missverständnis handeln, nachdem wir gleich im Anschluss an die Sitzung des UTA in einer Presseerklärung, die auch in den Medien aufgegriffen wurde, erklärt hatten, dass eine Teilnahme  für uns nicht in Frage kommt.

Wir setzen uns für den Ausstieg aus dem Projekt ein und können und wollen uns daher nicht an dessen Ausgestaltung beteiligen. Die Gründe können sie nicht zuletzt der beiliegenden Pressemitteilung entnehmen.

Auch Ihrerseits hatten Sie ja deutlich gemacht, dass Gegner des Projekts nicht einbezogen werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Norbert Bongartz, Sprecher

Sandkastenspiele im Rosenstein

Als großes Ablenkungsmanöver vom desaströsen Verlauf ihres Tunnelbahnhofprojekts wertete Co-Bündnissprecher Dr. Norbert Bongartz, das heute im Umwelt- und Technikausschuss des Gemeinderats vorgestellte Vorhaben einer „informellen Beteiligung Rosenstein“. Statt die Aufmerksamkeit und Kraft auf ein fernliegendes Wünsch-dir-was zu lenken, sollten sich Kuhn und die Projektbefürworter lieber um Nachteile und Risiken des Projekts für die Stuttgarter BürgerInnen kümmern – als da sind:

… langfristig kaum zu bewältigende Zunahme von CO-2- und Feinstaubbelastung, Verkehrsverlagerung auf ohnehin staugeplagte Straßen als Folge verringerter Bahnhofskapazität, zunehmendes Chaos bei den S-Bahnen und massive Verkehrsstörungen durch mehrjährige Sperrungen vom U-Bahn – Stammstrecken, Lebensgefahren durch kaum lösbaren Brandschutz in einem schräge Tiefbahnhof und 60 km Tunnelröhren – von der völlig ungelösten Frage, wer am Ende für die völlig aus dem Ruder laufenden Kosten gerade stehen soll, ganz abgesehen.

Auch der Köder eines neu gestaltbaren Stadtviertels kann nicht anlocken solange noch unklar ist, ob das Gleisvorfeld überhaupt abgebaut werden darf. Dagegen hat bekanntlich ein Zusammenschluss privater Bahnbetriebe, die Stuttgarter Netz AG, Klage eingereicht. Sie will den Kopfbahnhof weiterbetreiben und hat dabei das Allgemeine Eisenbahngesetz auf ihrer Seite.

Auch teilt das Aktionsbündnis die Auffassung des BUND, dass eine Bebauung des infrage stehenden B-Areals, mitten in der lebenswichtigen Frischluftschneise aus ökologischen und stadtklimatologischen Gründen ohnehin tabu ist. Wer die Ziele des Pariser Weltklimagipfels ernst nehme, könne nicht zwei Monate später Beteiligungsverfahren initiieren, die diese Ziele torpedieren. Bongartz: „Wir appellieren an den BUND und auch den VCD, das Bürgerbeteiligungsverfahren umgehend zu verlassen oder erst gar nicht daran teilzunehmen, wenn nicht ernsthaft davon ausgegangen wird, wenigstens einen Teil des Gleisvorfeldes für eine Kombibahnhofslösung zu erhalten.

Die Stadt und die von ihr beauftragten Mediatoren täten besser daran, sich vorsorglich auch auf den Fall des Scheiterns eines Projekts einzustellen, über dem das Damoklesschwert seiner vorzeitigen Beendigung schwebt. Ein Ausstieg bedeute aber nicht notwendigerweise ein „Zurück auf Null“, so Bongartz, sondern könne als Umstieg und Umplanung organisiert werden, bei der ein wesentlicher Teil der bisherigen Baumaßnahmen integrierbar wären. Zum Beispiel könne die Tiefbahnhofsgrube als Mobilitätszentrum für Fernbusse, car-sharer, für Mietwagenstellplätze  und Radabstellanlagen genutzt werden. Auf dem C-Areal, das bei S21 auf viele Jahre von Baulogistik besetzt bleibt, könnte umgehend Wohnraum für Tausende Menschen geplant werden – nicht erst Ende der zwanziger Jahre wie auf dem jetzt zur informellen Beteiligung vorgesehenen Rosensteinareal im B-Quartier.

Ziel des Beteiligungsverfahrens sei, so OB Kuhn in der Ausschusssitzung, die Stadtgesellschaft nach dem Streit um Stuttgart 21 wieder zusammenzuführen. Wie das funktionieren soll, wenn Kuhn Projektbefürwortung zur Zugangsvoraussetzung für die Beteiligung macht, konnte der OB nicht erläutern.

Das Aktionsbündnis hat Frau Voskamp im Anschluss an ihre Präsentation in eine der nächsten Sitzungen des Aktionsbündnisses eingeladen, um ihr die Haltung des Bündniseses und der S21-kritischen BürgerInnen zu Stuttgart 21 und dem Beteiligungsvorhaben zu erläutern.

 

Kontakt:
Dr. Norbert Bongartz 0711 698 076
Werner Sauerborn: 0171 320 980 1