(hier als pdf-Datei)
Liebe Aktive für eine Mobilitätswende im Land,
als Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 begrüßen wir Euren Vorstoß, mit gemeinsamen Anstrengungen den Druck der Zivilgesellschaft auf die Politik zu erhöhen, und damit auf eine klimaneutrale Mobilitätskultur hinzuarbeiten!
Bei aller Übereinstimmung zu den Einzelforderungen ist uns unverständlich, wie man zu Stuttgart 21 als dem Großprojekt im Land mit nachhaltig negativen Wirkungen für Klima und klimagerechte Mobilität schweigen kann.
Bitte ignoriert nicht den Elefanten im Wohnzimmer!
Hier noch einmal die wichtigsten Punkte, die jede klimaverantwortliche Politik im Blick haben sollte:
- Der Tiefbahnhof von S21 wäre mit seinen 8 Gleisen zu klein, um einen Integralen Taktfahrplan, attraktive Umsteigemöglichkeiten und vor allem deutlich wachsenden Bahnverkehr zu bewältigen.
- Das Vorhaben, auf den Fildern eine Verkehrsdrehscheibe zu errichten, würde mit den bisherigen Planungen das Gegenteil bewirken: Es würde die dortige Entwicklung des ÖPNV behindern, weil die vorhandenen Flächen viel zu beengt sind. Bitte fordert einen Planungs-und Baustopp auf der bisherigen gescheiterten Grundlage!
- Die fundamentale Fehlplanung dieses Projekts kann und darf jetzt nicht mit weiteren gigantischen Tunnelprojekten kaschiert werden. Der Verbrauch von Stahlbeton, einem der größten Klimakiller weltweit, für die S21-Tunnel ist schon jetzt riesengroß. Und nun soll eine unterirdische Kopfbahnstation hinzukommen, im Norden Stuttgarts und auf den Fildern sollen weitere rund 30 km Tunnel gebaut werden, um die schon bei der „Schlichtung“ angeprangerten grundsätzlichen Fehler von S21 auszugleichen. In Verantwortung vor den nächsten Generationen muss Schluss sein mit dem Weiterdrehen der Wachstumsschraube.
- Die Führung der Gleise nicht mehr durchs ebene Neckartal, sondern im Norden und Süden bergauf, würde – zumal angesichts des hohen Luftwiderstands in Tunnels – einen täglichen Mehrverbrauch an Energie bedeuten, der 10.000 Haushalten entspricht.
- Die Tunnel zum Flughafen sollten erklärtermaßen dazu dienen, dem Stuttgarter Flughafen weiteres Wachstum von zusätzlich 1,5 Mio. Fluggästen zu ermöglichen – das krasse Gegenteil aktiver Klimapolitik.
- Die Gleisflächen vor dem bestehenden Kopfbahnhof haben eine zentrale stadtklimatische Doppelfunktion: Sie sind Frischluftschneise und im Sommer Kühlkörper für die Stadt. Diese Flächen zu bebauen, würde den Klimakollaps der Stadt Stuttgart befördern.
- Zudem würde der bis zu 8 Meter aus dem Boden ragende „Tief“-Bahnhof eine Art Staudamm darstellen, der bei zukünftig vermehrten Starkregen zur Überschwemmung großer Innenstadtbereiche führen würde.
Sicher ist euch das alles bekannt, aber ihr fragt:
Ist es nicht viel zu spät, um bei S21 umzusteuern?
Dazu ein klares Nein, denn:
- Der viel effektivere Kopfbahnhof ist weiter in Funktion
- Die Tunnel und das Tiefbahnhofsgebäude sind zwar schon zu großen Teilen gebaut, können aber für andere Zwecke umgenutzt werden: z.B. für ein Güterlogistik-System zwischen Stadträndern und Zentrum, das die Straßen Stuttgarts vom klimabelastenden Warenverkehr wirksam entlasten kann.
- Die Neubaustrecke von Ulm kann über Wendlingen/Plochingen nach Stuttgart geführt werden.
- Die Neubaustreckentrasse von Wendlingen zum Flughafen kann für eine S-Bahn vom Böblingen über den Flughafen nach Wendlingen und Kirchheim genutzt werden.
- Die Gäubahn muss auf ihrer heutigen Trasse als hervorragende Verbindung zum Hauptbahnhof belassen werden – in Vaihingen besteht direkter S-Bahn-Anschluss zu Flughafen und Messe.
- Auf den Fildern ist noch so gut wie gar nichts gebaut – dort kann die Verdichtung der S-Bahn umgesetzt werden
Es ist keinesfalls zu spät, um bei S21 umzusteuern. Was fehlt, ist der politische Druck.
Und den kann und sollte eine „Allianz Mobilitätswende Baden-Württemberg“ mit aufbauen.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Poguntke, Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21