Das bedenkenlose Durchwinken erneuter Milliarden-Kostensteigerungen und mehrjähriger Verzögerungen in der Sondersitzung des DB-Aufsichtsrats am vergangenen Freitag wertet das Aktionsbündnis als Ausdruck politischen Versagens, das einen Vorgeschmack gebe auf die Fortsetzung der trostlosen Groko-Politik in der nächsten Legislaturperiode. Statt wenigstens die Zeit bis zur Bildung einer neuen Regierung zu nutzen, um das Skandalprojekt wirtschaftlich und politisch auf den Prüfstand zu stellen, wie es gerade die hiesige BUND- Landesvorsitzende Dahlbender gefordert hatte, verständigte sich der CDU/CSU- und SPD-dominierte Aufsichtsrat vorauseilend auf ein „Weiter so“ bei Stuttgart 21.
Hermann Schmid von der Gruppe SPD-Mitglieder gegen S21 ergänzt: „Wenn dies das letzte Wort der SPD ist, die ihren Niedergang im Südwesten maßgeblich auch ihrer Haltung zu Stuttgart 21 zu verdanken hat, kann man den Aufbruch der Partei wohl vergessen.“
Es sei skandalös, so Bündnissprecher Eisenhart von Loeper, dass sich ein zu 100 Prozent öffentliches Unternehmen erlaube, dem Steuerzahler beziehungsweise Bahnnutzer erneut skrupellos und ohne nachvollziehbare Begründung in die Tasche zu greifen. „Entgegen vieler Warnungen des Bundesrechnungshofs und vieler bahnunabhängigen Experten soll das nicht finanzierte Projekt durchgezogen werden, koste es, was es wolle“, so von Loeper, und das obwohl der Brandschutz für den Stadt- und Flughafenbahnhof fehle, die bisherige Planung auf den Fildern gescheitert sei, die Bauentwicklung von Neubaustrecke und Stuttgart 21 mehrjährig auseinanderklaffe, auf Mondzahlen bei den Ausstiegskosten zurückgegriffen werde, und die Entscheidungsgrundlagen des Weiterbaubeschlusses erneut und konsequent geheim gehalten werden und somit nicht nachprüfbar seien.
Ohne mit der Wimper zu zucken lässt man die jetzt schon halb verwüstete Stadt wissen, dass das Chaos noch weitere vier Jahre fortbestehen werde. Kein vergleichbar relevantes privates Unternehmen könne sich ein so dreistes Verhalten im Umgang mit der Öffentlichkeit erlauben. Dass ausgerechnet dem einschlägig bekannten Herrn Pofalla das Bemühen, seine Nebelkerzen und taktischen Teilgeständnisse als „sich ehrlich machen“ zu verkaufen, von Teilen der Medien abgenommen wurde, amüsiert eher. Hierzu Holger Gayer, Lokalchef der Stuttgarter Zeitung am 27.1. „… trösten wir uns mit dem wunderbaren Satz des 1988 verstorbenen Kabarettisten und Jugendbuchautors Oliver Hassencamp: ‚Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht.‘“
Auf der 402. Montagsdemo am 29. Januar wird Bündnissprecher von Loeper über die Situation nach der Aufsichtsratssitzung und über geplante, unter anderem rechtliche Reaktionen berichten. Sicher ist schon jetzt, dass in den nächsten Tagen eine Strafanzeige wegen Untreue gegen alle gestellt wird, die dem AR-Beschluss auf Erhöhung des Finanzrahmens für Stuttgart 21 von 6,5 auf 8,2 Milliarden Euro zugestimmt haben. Wer diese Entscheidung auf Anteilseigner- und Arbeitnehmerseite zu verantworten, wer gegebenenfalls dagegen gestimmt oder sich enthalten hat, ist noch, ggf. durch die Staatsanwaltschaft, zu klären. Am 29. Januar wird zudem beim Kanzleramt, dem Verkehrsministerium und der Deutschen Bahn AG ein Antrag auf Informationszugang nach dem Umweltinformationsgesetz gestellt werden, um vorenthaltene Unterlagen einsehen zu können, wie das PwC-Gutachten oder das Rechtsgutachten der DB-Kanzlei, das die Handlungsspielräume der Kontrolleure vermutlich nur eingeschränkt beleuchtet. Stuttgart 2 sei ein Präzedenzfall verfehlter Investitions- und Verkehrspolitik mit erheblichen Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte und gehöre deshalb auf die Tagesordnung jeder Regierungsbildung.
In einem ist sich von Loeper sicher: Diese Bürgerbewegung wird nicht locker lassen. Je absurder die Entwicklung von „Deutschlands dümmstem Großprojekt“, desto entschiedener der Widerstand.
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